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Wilhelm von Humboldt an August Wilhelm von Schlegel, 24.10.1830

|1*| Ew: Hochwohlgeboren kann ich nicht lebhaft genug für die Uebersendung des neuesten Stücks der Indischen Bibliothek danken, welches ich sehr bald nach Ihrem gütigen Schreiben vom 21sten v. M. empfangen habe. Ich bitte Sie, auch Herrn Dr: Lassen zu sagen, wie sehr ich ihm für die vielfache Belehrung verpflichtet bin, die ich schon jetzt nach zweimaligem Durchlesen der so gehaltvollen Abhandlung daraus geschöpft habe. Sehr oft werde ich noch <zu> einzelnen Stellen zurückkehren und das Ganze intereßirt |sic| mich um so mehr, als ich schon seit zwey Jahren eine ausführliche Abhandlung über den Sanskritischen Formenbau liegen habe. Ich habe da natürlich auf mehrere Punkte stoßen müssen, welche Herr Lassen berührt. Seine Arbeit ist eine wahre Bereicherung dieses ganzen Studiums.

Auf Ew: Hochwohlgeboren jetzt in England herauszugebende Schrift[a] bin ich doppelt begierig, da ich sehe, daß Sie darin so wichtige grammatische Untersuchungen berühren wollen, als die über die Agglutina-|2*| Agglutination |sic| ist. Ich bin darin nie, soviel es das Sanskrit betrifft, mit den gewöhnlichen Ansichten einig gewesen, noch weniger mit denen Ihres verstorbenen Bruders. Wie die Sache jetzt gewöhnlich gefaßt wird, ist meiner Meinung nach, nicht einmal die Frage richtig gestellt.

Daß Ew: Hochwohlgeboren Ihre Aufsätze aus dem Berliner Kalender Französisch wollen zusammen drucken lassen, ist ein höchst glücklicher Gedanke.[b] So in verschiedene Jahrgänge zerstückt, wird eine wichtige Arbeit weder richtig beurtheilt, noch vollkommen genossen.

Ich bin so frey, Ew: Hochwohlgeboren die Vorerinnerung zu meinem Briefwechsel mit Schiller zuzuschicken. Da ich kein anderes Exemplar disponibel habe, darf ich Sie wohl um die Gefälligkeit bitten, dieses auch Herrn Professor Welcker zum Lesen mitzutheilen. Den Briefwechsel selbst habe ich noch |3*| nicht erhalten. Eine Recension von Göthes zweitem Römischem Aufenthalte haben Sie wohl in den Berliner Jahrbüchern gelesen. Es sollte mich sehr freuen, wenn diese Arbeiten Ihre Zustimmung erhielten. Sie haben für mich schon den Werth, daß sie mich Wochen und Monate lang in eine glücklichere und genußvollere Zeit zurückversetzt haben, als mein Leben jetzt noch sein kann.

Mit der herzlichsten und ausgezeichnetesten Hochachtung
| Handschrift wvh| der Ihrige,
Humboldt
| Handschrift Schreiber| Tegel den 24t October 1830.

An
Herrn Professor und Ritter von Schlegel
Hochwohlgeboren in Bonn.
|4* vacat|

Anmerkungen

    1. a |Editor| Die hier erwähnte Übersetzung der Réflexions sur l'étude des langues asiatiques ist vermutlich nie erschienen.
    2. b |Editor| Dabei handelt es sich um die beiden in den Jahrgängen 1829 und 1831 des Berliner Kalenders unter dem Titel "Ueber die Zunahme und den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse von Indien" publizierten Aufsätze, die anscheinend aber doch nicht ins Französische übersetzt wurden; vgl. die Kritik von Agathon Benary, Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik 1831, Nr. 94–97, S. 748–772.

    Über diesen Brief

    Schreiberschrift mit eigenhändiger Schlussformel und Unterschrift
    Schreibort
    Antwort auf
    -
    Folgebrief
    -

    Quellen

    Handschrift
    • Grundlage der Edition: Bonn, ULB, Inv. S 507: 26
    Druck
    • Leitzmann 1908, S. 253–254
    Nachweis
    • Mattson 1980, Nr. 8292

    In diesem Brief

    Werke
    Sprachen
    Zitierhinweis

    Wilhelm von Humboldt an August Wilhelm von Schlegel, 24.10.1830. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/1107

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