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  3. Nr. 896

Alexander von Humboldt an Wilhelm von Humboldt, 19.12.1832

|8r| Vielen Dank mein theurester Bruder, für den schönen Bogen und die lange lehrreiche Note. Ich habe Dir nur meinen guten Willen zeigen wollen u ich sehe Du hast alles gewusst. Alles bleibt unsicher und sich an zwei ganz unzusammenhängende Ideen (Gerste u fremd) reihend. Merkwürdig indeß und fast einzig dastehend scheint mir immer daß Ptolemaeus bei einer so unwichtigen Benennung zwei Sanscrit Worte hat richtig erklären können Iaba-diu I wohl Iaba-div das bedeutet sagt er. Iaua ist ja sanskritisch Gerste und so ins persische übergegangen, und aus dvîpa Insel muß wohl div entstanden sein wie in Lakkediv et Maldivischen Inseln.[1] Papua das ist Neger steht aus Barros in Sprengel Geschichte der Entd p 411 Ich werde Barros nachschlagen. Vielleicht ist Neger hier für Wollharige. Aber nicht bloß Ptolemaeus versucht sich im Sanscrit auch Montfaucon der |8v| der Cosmas Indicopleustes commentirt macht sanscrit etymologien: Malabarr, Land der Malaien. Aber bhara heißt sanscr. nicht Land sondern tragend, erhaltend. Du siehst, ich kann sehr langweilig werden. Ich hoffe gewiß einige Tage mit Dir, theurer Bruder, hier zu verleben, der König (dicunt) geht erst den zweiten Feiertag hinüber nach Potsdam. Pr Albrecht stürzte mir heute auf der Straße nach mit der Nachricht die über Achen gekommen sein sollte: der junge Herzog von Orleans sei tot geschossen item der Holländ. Contreadmiral Wird wohl Bestätigung bedürfen.[a] Gewisser ist, daß die Königin der Niederlande Krämpfe von einer falsch verschluckten Auster hatte. Auch die Meerthiere empören sich gegen die Meeres Königin. Bei Antwerpen alles langsam.[b] Sontag habe ich ganz allein Theodor  Hermann mit Kuchen u Wurst bei mir zum Frühstück gehabt Er war recht angenehm u aufmerksam |9r| auf etwas wissenschaftliche Gespräche. Von Theodor weiß ich nur daß er sich mit Seyffert[c] in Verkehr sezt, damit dieser ihm (od seinem franz Freunde?) Umwechslung de billets de 500 francs verschaffe Gewiß eine Speculation um Freunde zu fangen

Dein
AHt
Mittwoch.

Gestern zu des Kaisers Namenstag grosser ball bei Ribeaupierre[d] leider! ganz gestekt.

Ich thue wohl besser das MSS hierzubehalten, bis Du kommst

|9v vacat|

Anmerkungen

  1. 1 |avh| so Sielediv od Selediv für Ceylon woraus durch permutation von l in r Marcopolo Serendib macht, immer dib div Insel

  1. a |Editor| Vgl. Alexander von Humboldt an Spiker: "Le Prince Albert m’a dit ce matin qu’on avoit la nouvelle (par Aix la Chapelle) que le Duc d’Orléans et le Contre Amiral hollandois ont été tués" (A. v. Humboldt/Spiker 2007, S. 95). Nach einem Hinweis von Ingo Schwarz, der den Brief nach dem Wasserzeichen ("J Whatman, Turkey Mill 1832") erst auf "wohl 1833" datierte, kann der Brief nach dem Namenstag des russischen "Kaisers" (Nikolaus I.), dem 6. Dezember alten Stils (18. Dezember), einem Dienstag, auf den 19. Dezember 1832 datiert werden. [FZ]
  2. b |Editor| Dies bezieht sich wohl auf die Belagerung von Antwerpen im November/Dezember 1832. [FZ]
  3. c |Editor| Alexander von Humboldts Kammerdiener. [FZ]
  4. d |Editor| Alexandre de Ribeaupierre, geb. 1783, einer nach Rußland emigrierten französischen Familie angehörend, diente zuerst als Militär, dann als Diplomat, war lange russischer Gesandter in Konstantinopel (1826–1831), 1831–1839 in Berlin, worauf er Mitglied des russischen Reichsrats und Senats wurde (siehe den Eintrag im Personenregister der Edition Humboldt). [FZ]
Zitierhinweis

Alexander von Humboldt an Wilhelm von Humboldt, 19.12.1832. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/896

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