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  3. Nr. 94

Wilhelm von Humboldt an Franz Bopp, 11.03.1823

Ich bitte Ew. Wohlgebohren, Herrn Bernstein meinen lebhaften Dank abzustatten, u. ihm zu sagen, wie sehr mich sein Hitopadesa gefreut hat. Das Aeußere könnte nicht angenehmer seyn. Es dürfte selbst Schlegels Neid erwecken.[a] Ich wünschte nur den Zeilen etwas mehr Abstand.

Auch die Wahl der Lesarten hat mir beim Durchblättern sehr verständig geschienen. Die eigenmächtige Aenderung Note 1. S. 8. halte ich für vollkommen richtig. Der Locativus könnte nur füglich stehen, wenn das letzte Element des Worts ein Substantivum wäre. So nimmt es Hamilton, indem er das Compositum ein tatpurusha nennt, übersetzt doch aber nicht in the privation, sondern in being deprived, u. giebt auch  Sankskrit {hīna} ganz richtig als Participium an, wo nun aber ein Widerspruch mit seinem obigen Kunstausdruck entsteht. Das Wort ist offenbar ein Bahuvrihi. Gewundert hat mich S. 3. die Schreibart  Sankskrit {hitopadeśoyaṃ}. Wollte er nicht mit der Londoner Ausgabe Sankskrit {śāyaṃ} setzen, so mußte es –  Sankskrit {śo} =  Sankskrit {yaṃ} heißen, wie er auch sonst (S. 10. Z. 8.) schreibt. Die von ihm gewählte Schreibart findet sich freilich in gedruckten Büchern, hat doch aber wohl keine Regel für sich und taugt wenigstens für Anfänger nicht, die verleitet werden, eine Zusammensetzung von  Sankskrit {a} und  Sankskrit {u} zu suchen.

Es ist mir überaus lieb gewesen, nach langer Zeit einmal wieder einige Sanskritbuchstaben mit Ew. Wohlgeb. zu wechslen. Ich hoffe gewiß, in Kurzem unsere Lesungen wieder anzufangen, wenn Sie Ihre freundschaftliche Güte fortsetzen wollen.

Mit herzlicher Hochachtung
der Ihrige,
Humboldt.
11.[b]



An
Herrn Professor Bopp,
Wohlgeb.

Anmerkungen

    1. a |Editor| Zu Bernsteins und Schlegels Devanagari-Drucktypen vgl. den Brief Schlegels an Colebrooke vom 1. Juli 1823: Rosane Rocher / Ludo Rocher (2013): Founders of Western Indology. August Wilhelm von Schlegel and Henry Thomas Colebrooke in Correspondence 1820–1837, Wiesbaden: Harrassowitz, S. 76f. mit Anm. 191. 192. [FZ]
    2. b |Editor| Lefmann 1897: 11. März 1823.

    Über diesen Brief

    Eigenhändig
    Schreibort
    Antwort auf
    -
    Folgebrief

    Quellen

    Handschrift
    • Grundlage der Edition: Krakau, Biblioteka Jagiellońska, 94 Briefe von H. v. Humboldt an F. Bopp, Autographen-Sammlung, Humboldt, aus der ehem. Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin, gegenwärtig in der Jagiellonen-Bibliothek Krakau, Nr. 15. – Druckkoll.: Jena, ThULB, Nachlass Leitzmann, Inv.-Nr. 92
    Druck
    • Lefmann 1897, S. 28
    Nachweis
    • Mattson 1980, Nr. 7276
    Zitierhinweis

    Wilhelm von Humboldt an Franz Bopp, 11.03.1823. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/94

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