1. Startseite
  2. Briefe
  3. Nr. 219

Johann Daniel Anders an Wilhelm von Humboldt, 21.01.1827

|68r| Ew. Excellenz,

gebe mir hiermit die Ehre, dasjenige zu übersenden, was ich[a] dieser Tage in Gefolge Ihrer gegen mich ausgesprochenen Wünsche von dem H. Bischof Wied aus Herrnhut erhalten habe. Ich hoffe, daß dadurch denselben einigermaßen Genüge werde geleistet werden. Der Preis, wofür die Erben die Arawakischen Manuscripte ablassen wollen, ist in dem Schreiben bemerkt. An Postporto u. Cutansche|?|[b] habe ich ausgegeben ins Ganze 22 gute Groschen.

Mit tiefster Ehrfurcht unterzeichnet
Ew. Excellenz
gehorsamster Diener
Anders, Prediger
Berlin. d. 21. Jan. 1827.

|68v vacat|


|Anhang|

|69r| Antwort.

ad 1., Das Original von der "Geschichte der Marterwoche" folgt hierbey.

" 2., Wegen der Schriften von dem zu Herrnhut verstorbenen Quandt u. dessen etwanigen Nachlaß erwartet man Antwort von dort.

" 3., Missionen der Brüder-Gemeine in America sind dermalen

a., In Nord-Amerika

in Grönland

" Labrador

im Indianer-Land

b., In West-Indien

auf den Dänischen Inseln

in Jamaika

" Antigoa

" St. Christoph

" Barbados

" Tabago

c., In Süd-Amerika

in Suriname

|69v| Emeritirte Missionarien leben dermalen mehrere in Deutschland,

J. B. Kohlmeister in Neusalz a/o der vor 2 Jahren erst aus Labrador zurückkehrte

Gorke in Herrnhut, der voriges Jahr aus Grönland zurückkam <ferner Hans Wied in Herrnhut, welcher in Suriname gelebt hat.>

An diese könnte man sich unbedenklich unmittelbar wenden.

Die Verbindung mit den noch angestellten Missionarien könnte wohl am besten durch das Missionar-Departement in Herrnhut eingeleitet u. unterhalten werden.

Nähere Auskunft erwartet der Unterzeichnete aus Herrnhut.


Anders.


|Anhang|

|70r/v vacat|

|71r| | Handschrift Wied| Beantwortung einiger Fragen des Herrn Staats Ministers
Frey-Hrn Wilhelm von Humbold |sic|.

ad. 1., Außer der gewünschten deutschen Geschichte der Marterwoche unsers Hern, wird auch die kurzgefaßte Nachricht von der Ew. Brüder Unitaet[c], zum beliebigen Gebrauch hier beygelegt.

ad. 2., Das 1790. in Barby herausgegebene Arawakische Buchstabirbüchlein ist von Chrislieb |sic Quandt.

Bey des sel. Quandts Erben hat sich gefunden, u. folgt hiebey:
a., Gramaticalische Sätze pp.[d]
b., u. c., Wörter-Bücher.
d., Übersetzungen aus dem ersten Buch Moses, u. der Brief Pauli an die Römer ins Arawakische. Diese Schriften wollen besagte Erben gegen 5 Rthlr ablaßen.

ad. 3., Die Mission unter den Arawaken in Südamerica hat wegen großer Abnahme u. Zerstreuung dieses ohnehin kleinen Indianerstammes an den verschiedenen Flüßen in Guiana, vor einigen Jahren aufgehoben werden müssen.

In Nord America aber besteht eine Mißion der Ew. Brüder zu New Fairfield am Thames River in Ober Canada. Die Mißionarien sind Abr. Luckenbach u. Adam Haman. Die getauften sind mehrentheils aus der Delaware Nation.

Ferner finden sich Mißions-Niederlaßungen zu Springplace u. nicht weit davon, zu Oochelogy in den |sic| Staat von Georgien, unter den Cherokees. Die Mißionarien sind John Gambold u J. R. Schmidt – welche in englischer Sprache, die von vielen Indianern |71v| dortiger Gegend verstanden wird, lehren.

In neuerer Zeit sind von einem Cherokee-Indianer, Buchstaben für diese Sprache erfunden, deren sich schon einige, um sich schriftlich zu äußern, bedienen. Hievon so wie von der Arawakischen Nation u. ihrer Sprache kan H. Theodor Schulz, ehemahliger Missionar unter letztgedachter Nation u. dieser Sprache kundig, jetzt zu Salem in Stokes County, Nord  America Carolina wohnhaft, nähere Auskunft ertheilen.

Zu Labrador haben die Brüder drey Mißions-Niederlassungen unter den Eskimos, deren Sprache sich nur wenig von der Grönländischen unterscheidet.

Zu Grönland finden sich Vier Mißions-Plätze, davon der nördlichste im 64 der südlichste, an der Südspitze von Grönland, im 60.° auf allen bedient man sich der Grönländischen Sprache.

Die Missionen der Brüder unter den Negern, z. b. auf den Dänischen Westindischen Inseln, wo Creolisch, eine Ableitung von der Holländischen Sprache; auf den englisch West. Inseln, wo von den Negern schlecht englisch gesprochen wird, u. zu Paramaribo in Suriname, wo man sich der wortarmen sogenanten Neger englischen Sprache bedient, dürften hier, da nur von den Sprachen der Indianer die Rede ist, nicht in Betracht kommen.

Missionarien, die früher an verschiedenen Orten bey dem Mißionswerk in America gedient haben, befinden sich noch in Europa u. America außer oberwehnter Theodr Schulz in Salem, zu Bethlehem in Northhamton County Pensylvanien, G. M. Loesche, u. J. P. Kluge zu Graceham in Maryland, die eben auch unter den Arawaken gearbeitet haben.

Unter den Grönländern dienten früher als Mißionarien |72r|  Joh. Gottfried Gorke, J. H. Möhne, jetz in Herrnhut, J. G. Fliegel, zu Nisky in der Ober-Lausitz u. J. G. Fleig zu Ebersdorf im Voigtland, unter welchen erstgenanter über die Grönlandischen |sicNation u. Sprache Auskunft geben kan. Wozu in Ansehung der Eskimos Nation u. Sprache H. Benjn Gottlieb Kohlmeister, dermahlen zu Neusalz an der Oder wohnhaft, am besten geeignet ist, er wie H. Joh. Hasting zu Nisky u. J. Nissen zu Christiansfeld bey HadersLeben, haben viele Jahre unter den Eskimos als Missionarien gedient.

Von ehemahligen Mißionarien unter den Negern, auf den dänisch westjindischen |sic| Inseln, befinden sich in Herrnhut H. Matth. Wied, in Kleinwelke bey Bautzen H. E. Hohe. Die auf den englisch westjindischen |sic| Inseln waren: J. Bardill zu Bethlehem in Pensylvanien, u. J. Becker zu Fairfield bey Manchester in England. Aus Suriname  H. Wied zu Berthelsdorf bey, u. J. D. Lutsche u. G. G. Buck in  Herrnhut u. Joh. Maehr zu Bethlehem in Pensylvanien.

Es ist kaum zu vermuthen, daß außer den hiebey folgenden von sel. Quandt, hinterlaßenen Papiere;<Papiere> verstorbener Mißionarien, den in Frage stehenden Gegenstand betreffend aufzufinden seyn werden. Eine in Englischer Sprache gedruckte Nachricht, die auch ins Deutsche übersetzt ist, den Indianer Stammen in Nord America betreffent |sic|, hat der sel. J. Haeckewälder in Bethlehem herausgegeben. Eine andere Schrift von ihm ebenfalls in Englischer Sprache (die nicht ins Deutsche übersetz |sic| ist) verbreitet sich über die Schicksale der Brüder-Mission unter den Delawares. Eine Harmonie der Vier Evangelisten in Delawarischer Sprache ist in Nd America Gedruckt |sic|.

Briefliche Unterhaltungen, mit H. Schulz in Salem, oder andern Missionarien in Nd America <könnte> über Altona, oder durch Vermittelung |72v| des Predigers H. D. Anders in Berlin über Herrnhut, stattfinden. Noch weniger Schwierigkeit würde dieses in Ansehung der sich in der Nähe befindlichen Missionarien aus Grönland, Labrador pp. unterworfen seyn.

Berthelsdorf bey Herrnhut d 9t Januar 1827.


|Anhang|

|73r| | Handschrift Anders| P.S. Wenn Ew. Excellenz die Geschichte der Indianer-Mißionen nicht mehr brauchen sollten: So wollte ich ergebenst bitten, dieselbe dem Bringer dieses wieder mitzugeben.


d. V.
|73v vacat|

Anmerkungen

    1. a |Editor| Bei dem Prediger Anders wird es sich um den späteren Bischof Johann Daniel Anders (1771–1847) handeln; siehe den Eintrag in Kalliope. Von 1827 bis 1836 ist ein Bruder Johann Daniel Anders in der Moravian Church in Bethlehem (Pennsylvania) belegt; siehe den Eintrag in den Moravian Archives in Bethlehem (PA). 1836 kehrte er zur Synode nach Herrnhut zurück und wurde dort zum Mitglied des Missions-Departements gewählt, dem er bis zu seinem Tod in Herrnhut angehörte; siehe Archiv der Evangelischen Brüder-Unität. [FZ]
    2. b |Editor| Für "Courtage"? [FZ]
    3. c |Editor| Eventuell handelt es sich hierbei um ein Heft der Nachrichten aus der Brüder-Gemeine?
    4. d |Editor| Theophilus Salomo Schumann (1719–1760), Missionar der Brüdergemeine, hat während seines Aufenthalts in Surinam eine Grammatik der arawakischen Sprache verfasst. Von diesem Original hatte Quandt eine Abschrift angefertigt; s. Georg Reutter (2006): Wilhelm von Humboldts linguistisches System. Seine Position in der Geschichte der Sprachwissenschaft , Berlin, S. 201. [FZ]

    Über diesen Brief

    Eigenhändig
    Schreibort
    Antwort auf
    -
    Folgebrief

    Quellen

    Handschrift
    • Grundlage der Edition: Ehem. Preußische Staatsbibliothek zu Berlin, gegenwärtig in der Jagiellonen-Bibliothek Krakau, Coll. ling. fol. 52, Bl. 68–73
    Druck
    -
    Nachweis
    • Mueller-Vollmer 1993, S. 209

    In diesem Brief

    Werke
    Zitierhinweis

    Johann Daniel Anders an Wilhelm von Humboldt, 21.01.1827. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/219

    Download

    Dieses Dokument als TEI-XML herunterladen

    Versionsgeschichte

    Frühere Version des Dokuments in der archivierten Webansicht ansehen