1. Startseite
  2. Briefe
  3. Nr. 226

Heinrich Bansi an Wilhelm von Humboldt, 06.02.1804

[a]Armée Française <en helvetie> <Canton Rhetie>
<à Selvaplana> le <17. Ventose>
An. <12.> de la Republique Française
<V.S. 1804. 6. fev.>
[b]Bansi. Capitaine Adjoint à L’Etat Major Géneral.







A Monsieur le Baron de Humbold. Chambelan & Ressident du Roy de prusse, a la Cour de Rome.

Euer Excellenz entschuldigen mir eine Bitte, die ich als Freund des Herrn Pfarrer Conrad von Andeer und des Herrn Graß aus Liefland wagen darf, indem ich Ihnen meine Tochter empfehle, die sich seit zwonn Jahren in Rom aufhält um sich in der Mahlerkunst zu vervollkommnen.

Von mehreren Seiten werden mir die außerordentlichen Anlagen dieser Tochter zur Kunst angerühmt; die sie beym Aufenthalt von 14. Jahren in Paris ausbilden konnte – wenn nicht ein wiedriges Schiksal der Revolution, ihren Pflegevatter dort, dem Banquier Schweizer, zu früh von ihr entfernte; und man|c|hes, zu seinem und meinem Mißvergnügen mit der Tochter vorgieng.

Die Luft soll ihr in Rom nicht so dienen wie ihre Lernbegierde es forderte. Ich wäre also bereit ihr einige Unterstützung zukommen zu laßen, wenn ich sicher bin: daß sie es bedärfe und daß kein Mißbrauch daran, durch leichtsinnige Franzosen wo sie umgeben, gemacht werde.

Euer Excellenz werden also hoflichst gebeten, diese Künstlerin in Ihren Schutz zu nemmen |sic| und Ihre Gewogenheit ihr zu gönnen. Die ich vorzüglich meinem Kinde gönnen würde; vor allem Protektion die mir von Seite der Nuntiatur in Helvetien angetragen wurde.

Die Berichte wo ich über dies mein Kind erhalte: sind so verschieden als möglich. Auf zwo Schreiben an Bürger Suru. Directeur de l’accademie de France a Rome[c] erhielt ich eine Antwort voll ähnlicher Ausdrücke über meine Tochter. Dem Schreiben fehlen aber einige Merkmale daß es wirklich vom Manne herkäme, dem man eine Accademie anvertraut. Es möchte eben so wohl, das Schreiben eines Französischen Gallants seyn. Wäre aber Bürger Suru wirklich der Mann, dem ich die Unterstützung für meine Tochter anvertrauen darf? So wünscht ich damit nicht zu verweilen; indem meine Tochter wirklich bey ihm, au palais de France logirt.

Als Vatter erbitt ich mir die zuverläßige Anzeige hierüber, die Euer Excellenz mir doch gönnen wollen!

Zu Ihrer Litterarischen und Sprachforschung nemm |sic| ich die Ehre ein Blatt in hießiger Thalsprache beyzulegen; die von jener in welcher H Pfarrer Conrad die Ehre hat Ihnen zu dienen, in viellem originaliter abgeht. Das hießige Thal soll durch eine wirklich römische Collonie bevölkert worden seyn, zur Zeit als der aeolische Dialekt in Rom, vor der Sprachausbildung herrschte. Ich besitze das 2te Werk wo in dieser Sprache gedruckt wurde von 1562. vom berühmten Campel; wo als ein gesuchtes Stük, nirgends beßer, als in Ihrer Sammlung abzulegen wäre[d]; wie geschehen wird: sobald ich die Ehre habe zu vernemmen; auf welche Art, durch die Post oder Anders|?| Sie es zu empfangen belieben? Das erste in Ladin gedrukte werk |sic|, ist noch, aber unvollkommen zu haben. Es ist die Uebersetzung des neuen Testaments durch Jan Bivrum, genannt Tuschet, von 1560[e]. Der Verfaßer merkt an in der Vorrede, keine Urkunden in dieser Sprache gefunden zu haben, ohngeachtet seines emsigen Nachforschens.

Unter der Menge von gedruckten Werken in dieser Ladin Sprache, finden sich nur 2. von politischem Innhalt. Die übrigen sind Andachts Bücher die dem guten Geschmak wiederstehen. In den mittleren Zeiten von 1600. wurde sie am meisten geschrieben. Ich erbitte mir Ihre Befehle hierüber die ich mit aller Ergebenheit erfüllen werde.

J’ai honneur de Vous saluer respectueusement.
Bansi

N.S. Meine Adreße, erhält den gesicherten Lauf unter Verdek|?|, al Cittadino Canali Capo degli Uffici postali a Chiavenna

Anmerkungen

    1. a |Editor| Oben links von Humboldts Hand: E. 28. Febr. 1804.
    2. b |Editor| Darüber Einfügung von Humboldts Hand: ****. daß er das Buch, wenn er es nicht brauche, dem Conrad geben solle. H.
    3. c |Editor| Damit ist Joseph-Baptiste Suvée gemeint, Direktor der Académie de France in Rom von 1801 bis zu seinem Tod im Jahr 1807. Auch Humboldt verballhornt den Namen in seiner Antwort vom 24. März 1804. [FZ]
    4. d |Editor| Dabei wird es sich um die bei Schwarz 1993, S. 26 Nr. 147 aufgeführten Psalmi handeln. [FZ]
    5. e |Editor| Siehe Schwarz 1993, S. 26 Nr. 128. [FZ]
    Zitierhinweis

    Heinrich Bansi an Wilhelm von Humboldt, 06.02.1804. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/226

    Download

    Dieses Dokument als TEI-XML herunterladen

    Versionsgeschichte

    Frühere Version des Dokuments in der archivierten Webansicht ansehen