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Johann Erich Biester an Wilhelm von Humboldt, 02.04.1802

Ein in Italien lebender Spanischer Jesuit Don Lorenzo Hervas hat herausgegeben: „Catalogo delle lingue conosciute e notizia della loro afinità e diversità. In Cesena, 1784, 4to.|“| Sowohl einzeln, als auch wie der 17te Band seiner sämtlichen Schriften. Imgleichen |sic| ähnliche Werke, der 18te bis 21te Band seiner Schriften.[a]

Hervas ist theils selbst in Amerika und Ostindien gewesen, theils hat er über 300 handschriftl. Wörterbücher und Grammatiken zu seinem Gebrauch gehabt. — Friedr. Adelung (der Neffe des Grammatikers, damal|s| in Rom, itzt in Petersburg) giebt Nachricht von diesen Italiänischen Werken des Spaniers in „Gaspari und Bertuch Allg. Geograph. Ephemeriden, Dezember 1801.“[b] Daselbst steht nun, bei den Asiatischen Sprachen, über Georgien oder Djurdschistan am Kaukasus, Folgendes S. 547:
„In Georgien: Giorgiana volgare, Imirete. Verwandtschaft mit dem Biskajischen, und Beweis einer Bevölkerung Georgiens durch Spanier.”

Das Georgianische ist seit einiger Zeit durch Nachrichten der Missionare von dessen Alphabet und Sprache selbst etwas bekannter geworden; |aber|[c] nie habe ich bisher eine ähnliche Anzeige gelesen. Die Bevölkerung Georgiens durch Spanier ist wohl bloß Hypothese, worauf den Verfasser die Ähnlichkeit der Sprachen gebracht haben mag; aber diese Ähnlichkeit mit dem Biskajischen ist in der That merkwürdig, da der Verf. ein Spanier ist, und vielleicht Baskisch versteht. Bekanntlich ist der Kaukasus ein rechter Sammelplatz ganz verschiedner Sprachen und Völker, die zum Theil auch anderswo auf dem Erdboden ihre Rolle gespielt haben, aber auch schon meist wieder verschwunden sind.

Nun folgt S. 548 Anzeige von den Europäischen Sprachen, und da steht Nr 4[d]:
„Baskisch oder Kantabrisch. Ihr Reich-thum, und Vortreflichkeit. Beweis ihres alten Gebrauchs in Italien, und ihrer Überbleibsel in vielen Sprachen.”

S. 549, Zeile 3 oben, wird
das Kantabrische;
als die letzte der sieben
Muttersprachen in Europa
aufgeführt.

S. 550, Zeile 6 von unten, kömmt wieder das Baskische, und die Schrift desselben, bei den Zahlen, vor.
S. 551, Vocabulario Poliglotto. Da auch Biscaglina genannt; und S. 552 ganz unten vier Kantabrische Wörter angeführt: briga, vria, dun, aber.

Vielleicht wussten Sie, mein Theurester, Alles dies schon. Doch auf den möglichen Fall daß Sie den Spanier, und die deutsche Anzeige seiner Schriften nicht kennten, wollte ich es Ihnen doch melden. Die Anzeige in den Ephemeriden ist übrigens höchst kurz, und enthält nichts mehr als was ich hier abgeschrieben habe.

Die Schriften des Spaniers selbst sind wahrscheinlich in unsern Gegenden nicht aufzutreiben, |wenn|[e] Sie sie anders nicht schon jenseit|s| der Pyrenäen selbst gesehen haben. Genannt müssen sie indeß doch von Ihnen wohl werden.

Herzlich der Ihrige
Biester
2 April 802 |sic|.

Anmerkungen

    1. a |Editor| Hiermit ist Hervás’ 21 Bände umfassende Enzyklopädie Idea dell’Universo gemeint (Band I–VIII: Storia de la vita dell’uomo, Band IX–XVI: Elementi cosmografici und Band XVII–XXI: Storia delle lingue). [FZ]
    2. b |Editor| Online abrufbar unter JPortal der Universitäts- und Landesbibliothek Jena.
    3. c |Editor| Ergänzt, da durch Bindung verdeckt.
    4. d |Editor| Korrekt ist "Nr. 6". [FZ]
    5. e |Editor| Ergänzt, da durch Bindung verdeckt.
    Zitierhinweis

    Johann Erich Biester an Wilhelm von Humboldt, 02.04.1802. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/236

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