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Carl Eduard Meinicke an Wilhelm von Humboldt, 08.11.1832

Ew. Excellenz

muß ich vor allen Dingen recht sehr um Verzeihung bitten, wenn die Umstände mich zu einer Bitte bewegen, deren Erfüllung für mich vom äußersten Interesse sein würde.

Vielleicht darf ich mich mit der Hoffnung schmeicheln, Ihnen meine Existenz ins Gedächtniß zurückzurufen, wenn ich so frei bin, daran zu erinnern, daß Sie so gütig waren, im Sommer des vorigen Jahres mir das kleine vom Missionar Threlkeld verfaßte Vocabular aus der Sprache eines neuholländischen Stammes zu leihen. Eine anhaltende Krankheit hinderte mich jedoch, dasselbe damals so zu benutzen, als ich wohl gewünscht hätte, und dies, so wie später anhaltende Geschäffte anderer Art, zwangen mich, meine Privatstudien ganz zu unterbrechen, so daß ich mich erst jetzt wieder allmälig in den Stand gesetzt sehe, denselben einen Theil meiner Zeit zuzuwenden. Daher bewegt mich die offene Freundlichkeit, deren Ew. Excellenz mich im vorigen Jahre würdigten, zu der Bitte, ob es Ihnen vielleicht jetzt nicht möglich und thunlich erschiene, jenes Werk mir auf einige Zeit zukommenzulassen.

Wenn ich aber voraussetzen darf, daß der Gewährung dieser Bitte vielleicht weniger in den Weg treten möchte, so ist dies schwerlich der Fall mit einem andern Ansuchen, das Ihnen hier vorzulegen, ich mich ebenfalls genöthigt sehe. Es betrifft nämlich die bekannte History of Sumatra von Marsden. Ich habe den Plan, weil mir für Ostern künftigen Jahres die Abfassung des Gymnasialprogrammes übertragen ist, jene Insel zum Gegenstande derselben zu machen, und habe dazu die Quellen bereits durchgearbeitet, nur jenes Werk aus der Königlichen bisher nicht erhalten können, weil Sie dasselbe entliehen hatten. Welchen Werth ich aber darauf legen muß, das wissen Sie sicher am besten zu beurtheilen. Sie werden sich hieraus leicht erklären können, wie ich zu der Bitte komme, mir dieses Werk, wenn es möglich wäre, im Laufe dieses halben Jahres mir auf einige Wochen zukommen zu lassen. Ich muß dabei freilich gestehen, daß ich ganz außer Stande bin, zu wissen, ob sich dies mit Ihren Arbeiten vereinigen lasse, und würde überhaupt, die scheinbare Unbescheidenheit, die in meinem Ansuchen liegt, wohl fühlend, dasselbe gern unterlassen haben, wenn mich die dringende Verlegenheit nicht andere Rücksichten bei Seite zu setzen bewogen hätte. Sollten Ew. Excellenz aber geneigt sein, mir die eine oder die andere Bitte zu gewähren, so füge ich noch den ganz ergebensten Wunsch hinzu, die Werke unter meiner Adressse an den Herrn Geheimrath Wilken zu übersenden, der öfter Bücher an mich abschickt.

Ich ergreife übrigens diese Gelegenheit, Ew. Excellenz zu versichern, daß ich jederzeit mit der vollkommensten Hochachtung und Ergebenheit verbleiben werde
Ew. Excellenz
ergebenster Diener
Dr. Meinicke
Prenzlau den 8ten November 1832




Seiner Excellenz
dem Herrn Staatsminister Freiherrn W. von Humboldt
Berlin
frei

Über diesen Brief

Eigenhändig
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-
Folgebrief

Quellen

Handschrift
  • Grundlage der Edition: Ehem. Preußische Staatsbibliothek zu Berlin, gegenwärtig in der Jagiellonen-Bibliothek Krakau, Coll. ling. fol. 53, Bl. 184–185
Druck
-
Nachweis
  • Mueller-Vollmer 1993, S. 223
Zitierhinweis

Carl Eduard Meinicke an Wilhelm von Humboldt, 08.11.1832. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/417

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