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  3. Nr. 573

Friedrich August Rosen an Wilhelm von Humboldt, März 1831

E. E. muß ich vor allem wegen der langen Verzögerung meiner Antwort auf Ihr gütiges Schreiben vom 1. Dec. (welches jedoch erst zu Anfang des vorigen Monats in meine Hände gelegt) um Verzeihung bitten. Gleich nach dem Empfang desselben erbat ich mir Sir A. J.’s Rath zu der Ausführung des von E. E. geäußerten Wunsches in Betreff des Madagascarischen Wörterbuches, und schrieb an die Besitzerin desselben, Mrs Metcalfe, in Bath, um sie um die Mittheilung desselben, entweder an Sir A. J. selbst, oder an den Sekretär der Asiatischen Gesellschaft zu ersuchen. Von Woche zu Woche habe ich aber vergebens der Ankunft des Manuscripts sowohl, als einer Antwort auf meinen Brief entgegengesehen. Ich habe aber jetzt einen zweiten Brief an M.rs Metcalfe geschrieben, welchen ich   Sir A. J. vorlegen will, ehe ich ihn absende. Sobald eine Antwort darauf, oder das Manuscript selbst erfolgt ist, werde ich Ew. E. sogleich davon benachrichtigen, und in letztrem Falle Sorge tragen, daß die von Ihnen gewünschte Abschrift nun mit aller Schnelligkeit, die sich mit Genauigkeit u. Sorgfalt vereinigen läßt, verfertigt werde. –

Sir A.  Johnston’s Güte hat mir inzwischen Gelegenheit verschafft, eine andre, so weit ich urtheilen kann, sehr reichhaltige lexicalische Arbeit über die Madagascarische Sprache durchzublicken die sich im Besitz des Sir Robert Farquhar befindet. Es ist ein handschriftliches Madagaskarisch-Französisches Wörterbuch in 5. , und ein Französisch-Madagascarisches in 3 Folio Bänden. Auf dem Titel erscheint der Name des Verfassers Barthelmy Huet Chevalier de Froberville, u. die Jahreszahl 1816. – Der Madagascarisch französische Thl begreift|?| etwa 1400 Blätter, deren jedes ungefähr 20 Artikel enthält. Die Wörter sind streng alphabetisch geordnet, und sehr deutlich u. groß geschrieben: ein vorgesetztes N. oder S. unterscheidet darin nördlichen u. südlichen Dialekt der Sprache: (in dem französ. Mad. Theil sind diese in besondre Colum getrennt) vertikale Striche trennen die etymologischen Bestandtheile der Wörter. Die Französische Erklärung ist kurz und gedrängt. Ausführliche Erörterungen, besonders über naturhistorische oder geographische Erörterungen sind in eine besondre Columne verwiesen. Ein breiter Rand und der weite Zwischenraum zwischen den einzelnen Artikeln ist häufig zum Nachtragen von Phrasen oder Zusammengesetzte Ausdrücke benutzt. Ew. E. werden eine kleine Partie von dem Anfange des Werkes erhalten haben, die ich aus demselben excerpirte. Als ich dieselbe neulich, (wegen einer unvorhergesehenen Störung ohne Begleitung ein |sic| sie erläuterndes Schreiben!) absandte, hoffte ich diese Auszüge bald fortsetzen zu können. Man hat aber seitdem diese und mehrere andre Papiere aus dem Nachlaß von Sir Robert Farquhars verstorbenem Bruder  in Kisten verpackt[a], und bei Seite gestellt, sodaß der Zugang dazu nun eine nochmalige Verwendung bei Sir Rob. Farq. selbst nöthig machen würde. Diese wünschte ich zu verschieben, bis entweder das Manuscript der M.rs Metcalf angelangt, oder Ew. E. mir etwa selbst einige Gesichtspunkte|?| bezeichnen wollen, nach denen ich die Frobervillesche Arbeit für Sie benutzen könnte. –

Unter dem in[b]  dem jetzt in der Bibl. der As. Ges. niedergelegten Nachlaß von Sir St. Raffles befindet sich Nichts von Raffles eignen Papieren über das Kavi Gedicht Brata Yudha. Ein Fac Simile von dem Anfang desselben habe ich selbst so gut es mir gelingen wollte, verfertigt, und dasselbe, sammt einem Verzeichniß der sämmtlichen Rafflesschen Javanischen u. Kavi Manuscripte an Ew. E. abgesandt.

Nach langen vergeblichen Erkundigungen hatte ich auch endlich erfahren, daß hier, in dem Carnetic Office, eine Anzahl für d. Buchhandel bestimmter Exemplare v. Low’s Siamesischer Grammatik angelangt sei, und wandte mich an den dortigen Sekretär, Herrn Cockburn mit der Bitte, mir wo möglich eines davon zu verschaffen. Als ich erwähnte, daß dasselbe für Sie bestimmt sei, u. daß ich schon lange d. Auftrag dazu gehabt habe, gab er mir sogleich sein eignes, ihm vom Vf. selbst geschenktes Ex. für Sie, um so den Zeitverlust

| Handschrift Droop| Ich erhalte so eben die Inlage für Hn Dr Muhlenfels von Schweden[c] und bemühe Sie, werther Herr Dr damit: Sollten Sie glauben daß unser Freund noch in Berlin ist so erbitte ich sie mir zurück und ich schicke sie ihm morgen per Dampfboot

Seine Addr. in Berlin ist

Wilhelms Straße N 73.

Ich danke Ihnen für Ihre Zusicherung Ihrer Gesellschaft am Sontag |sic|.

Mit frdsch Empfehlung von meiner Frau
Aufrichtigst d Ihrige
JaDroop[d]
9 Lovelane Eastcheap
* Marz 1831.

Anmerkungen

    1. a |Editor| Hier hat Rosen offensichtlich die Brüder Farquhar verwechselt, denn Sir Thomas Farquhar war der Nachlassverwalter des 1830 verstorbenen, ehemaligen Gouverneurs von Mauritius, Sir Robert Farquhar. [FZ]
    2. b |Editor| Irrtümlich von Rosen gestrichen.
    3. c |Editor| Der Jurist Ludwig von Mühlenfels (1793–1861), geboren in Schwedisch-Pommern, floh im Rahmen der Demagogenverfolgungen 1821 aus Berlin nach Schweden, ging 1828 nach London an die dortige Universität; er erwirkte seine Rehabilitierung in Jahr 1829, behielt seine Professur in London aber nominell bis August 1831 und wurde in dieser Zeit durch Friedrich August Rosen in seinen Lehrverpflichtungen vertreten. [FZ]
    4. d |Editor| Im Fourth Biennial Report, containing the Thirty-third & Thirty-fourth Annual Medical Reports, &c. &c. &c. of the Royal London Ophthalmic Hospital …, London 1839, wird auf S. 21 als einer der „Governors“ für das Jahr 1828 genannt: „Droop, J. A. 9, Love-lane, Eastcheap“. Im National Archive findet sich ein Versicherungsvertrag für den Kaufmann John Abraham Droop vom 25. April 1816; in den Statutes of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, Bd. 1, 1804, findet sich für 1802 auf S. XXXVI unter der Nr. 115 ein „Act of naturalizing“ für John Abraham Droop. Johann Abraham Droop war Sohn des Henrich Droop (1743–1793) und der Anna Regina Retberg (1746–1825), beide aus Bremen. Letztere war eine Tochter des Kaufmanns Johann Abraham Retberg. – Im selben Gebäude (9, Love Lane, East Cheap) befand sich 1794 die Handelsfirma „Retberg & Co.“, mit Wurzeln in Bremen; zum Handelshaus Retberg s. M. Schulte Beerbühl (2007): Deutsche Kaufleute in London: Welthandel und Einbürgerung (1660–1818), München: Oldenbourg, S. 186 ff.; ebenda S. 213 Erwähnung des Handelshauses Albers & Droop. [FZ]
    Zitierhinweis

    Friedrich August Rosen an Wilhelm von Humboldt, März 1831. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/573

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