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Wilhelm von Humboldt an Ignaz von Olfers, 13.08.1826

|176r| An Olfers.[a]

Ich bin so frei, Ew. Hochwohlgebornen noch mit einem Briefe und einer Bitte zu behelligen. Ich habe mich in diesen letzten Tagen sehr angelegentlich mit Herrn Marlières  Coroatischem Wörterbuch[b] beschäftigt, und es ist mir eingefallen, daß es doch gut wäre, ihm selbst zu schreiben, um ihn anzuregen, auch einige grammatische Notizen zu liefern, und ihm einige Fragen über die Aussprache vorzulegen. Ich bin daher so frei, Ew. Hochwohlgebornen ein offenes Schreiben an ihn zu überreichen, und Sie zu bitten, möglichst dahin zu wirken, daß Herr Marlière meine Wünsche erfüllt.

Sie merken schon, daß ich den kitzlichen Punkt, daß sein Original Mscpt. in meinem Besitz ist, umgangen habe. Ich habe dies bloß aus delicatesse gethan. Ich besitze es auf die rechtmäßigste Weise von der Welt. Ich habe es von meinem Bruder, u. meinem Bruder hat es der Marquis Rongé (oder Rougé)[c] mit der ausdrücklichen Erlaubniß, davon jeden beliebigen Gebrauch zu machen, gegeben. Dies hat |176v| mein Bruder selbst auf der Handschrift bemerkt. Also bloß weil es möglich wäre, daß der Marquis zu weit gegangen wäre, habe ich so geschrieben, wie Ew. Hochwohlgebornen finden werden.

Ich bin in jedem Augenblick bereit, das Mscpt wieder herauszugeben, da man mir wohl nicht versagen wird, Abschrift davon zu nehmen. Es soll mich auch sehr freuen, wenn es gleich gedruckt wird, was durch mich erst nach Jahren möglich ist.

Wenn also Ew. Hochwohlgebornen von Herrn Marlière befragt werden sollten, ob ich das Mscpt noch habe, so würde es mir, um niemanden zu compromittiren, am liebsten seyn, wenn Sie ihm antworten wollten, daß Sie das nicht genau wüßten, daß Sie ihm aber im Voraus versichern könnten, daß er mir nur zu schreiben brauche, es, im Fall ich es hätte, dem oder dem zu überschicken, um sicher zu seyn, daß dies sogleich geschehen würde. Zugleich aber glaube ich, daß Ew. Hochwohlgebornen ihm mit Grunde |177r| sagen können, daß, wenn er den Wunsch habe, seine Arbeit wirklich benutzt zu sehen, das von mir sicherer, als sonst von wem es sey, geschehen würde. Ich begreife nicht einmal, wie ein Buchhändler in Paris ein so weitläuftiges Wörterbuch, das an allen sonst interessirenden Notizen leer ist, würde drucken, oder ein Herausgeber eines Journals es würde aufnehmen wollen. Solche Dinge haben nur Werth, wenn man sie anders bearbeitet und mit andern in belehrende Verbindung bringt, u. das kann in Paris niemand.

Seit meinem Gespräch bei Rust mit Ew. Hochwohlgebornen über die Amerikanische Aussprache habe ich mich doch überzeugt, daß Sie vollkommen Recht haben, daß ich eine gleichmäßige Schreibung gebrauchen muß. Es wird sehr schwer seyn, eine leichte für das Auge u. den Druck auszufinden, aber es muß geschehen. Nur muß ich erst mit meiner ganzen Feststellung der Aussprache fertigseyn, um, wenn ich an Zeichen denke, alle |177v| zu bezeichnenden Laute vollständig vor mir zu haben.

Ich verzweifle noch immer nicht, noch vor Ew. Hochwohlgebornen Abreise das Vergnügen zu haben, Sie hier bei mir zu sehen, und bitte Sie indeß die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung anzunehmen.

Humboldt.
Tegel, den 13. August, 1826.

Herr Marlière schreibt sich Gui Thomas – Ist das erste Wort ein eigener oder abgekürzter Name, etwa Guido, oder bloß eine Abkürzung von Guillaume, also fehlerhaft geschrieben?

Aus dem Katechismus des Kipper-Dialects der Kiriri Sprache habe ich, wie ich später gefunden, durch Ew. Hochwohlgebornen Güte Abschriften einiger Stellen.[d]

Anmerkungen

    1. a |Editor| Hinzufügung in Leitzmanns Hand. Abschrift insgesamt von anderer Hand.
    2. b |Editor| Das Vocabulaire Français et Coroato von Marlière aus dem Jahr 1819 befindet sich in Form eines Handschrift des Verfassers im Nachlass von Wilhelm von Humboldt (Coll. ling. fol. 35, SBBPK, Berlin). Aus einer Notiz Alexander von Humboldts auf der ersten Seite dieses Manuskriptes geht hervor, dass er dieses vom Marquis de Rougé in Paris erhalten habe und dass es in Malte-Bruns Nouvelles Annales des Voyages [Zeitschrift, Paris: 1819–1865] veröffentlicht werden sollte. Letzteres ist aber wohl nicht geschehen. [FZ]
    3. c |Editor| Eventuell handelt es sich um Bonabes Louis Victurnien Alexis Marquis de Rougé (1778–1839), frz. Militäroffizier und Politiker.
    4. d |Editor| Siehe dazu den in einem Schreiben an Caroline von Humboldt erwähnten Brief vom 3. April 1822. [FZ]
    Zitierhinweis

    Wilhelm von Humboldt an Ignaz von Olfers, 13.08.1826. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/882

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