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Johann Wolfgang von Goethe an Wilhelm von Humboldt, 24.12.1821

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Des Herrn Staats Minister v. Humboldt Excellenz. Berlin.

Zaudern darf ich nicht verehrter Freund für die liebwerthe Sendung zu danken; sie hat mir und dem wackern Riemer große Freude gemacht, mußten wir doch Ihr treffliches Heft übereinstimmend finden mit unserer Ueberzeugung, <frisch> aufklärend und weiter deutend, alles anregend was dem Sprechenden, d.h. den verständig vernünftigen Menschen nur Bedeutendes im Innern angehören mag und was sollte nicht noch alles davon zu rühmen seyn. Laßen Sie mich nur noch folgendes herausheben: indem Sie die Sprache als Hülfsmittel gar trefflich anpreisen laßen <geben> Sie uns zugleich <ferner> |zu| bedenken daß die Sprache, wenn sie auf einen gewißen Punct gelangt unveränderlich sey und von ihren anerkannten Mängeln nicht befreyt werden können <könne>; demohngeachtet aber in und aus sich selbst alles Menschliche, vom Tiefsten bis zum Höchsten aussprechen |124v| ausdrücken, bestimmen und erweitern könne und müße.

Hiedurch haben Sie mir mein Theuerster einen Spiegel vorgehalten, worin ich am Ende meiner Laufbahn erkennen kann was ich als Dichter und Schriftsteller geleistet habe und was ich hätte leisten sollen.

Hier sey geschloßen, damit wir uns nicht in die Fluth wagen die uns zu verschlingen droht. Bleiben Sie meiner aufrichtigsten Anhänglichkeit und erhalten mir zugleich mit Ihrer Frau Gemalin ein stetiges Andenken.

Weimar d. 24. Decbr: 1821.

Über diesen Brief

Konzept in Schreiberschrift (Johann August Friedrich John)
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Folgebrief
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Quellen

Handschrift
  • Grundlage der Edition: Weimar, GSA 29/26, Bl. 124 (auf dem Blatt oben rechts: „288“)
Druck
  • Goethe 1887–1919, IV Bd. 35, S. 213f. (= WA)
Nachweis
  • Mattson 1980, Nr. 11670
Zitierhinweis

Johann Wolfgang von Goethe an Wilhelm von Humboldt, 24.12.1821. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/1156

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