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Wilhelm von Humboldt an Johann Jakob Otto August Rühle von Lilienstern, 12.03.1827

|23r| Ew. Hochwohlgeborenen bitte ich, die anliegenden Bemerkungen zu den beiden Bogen D. u. E. mit Nachsicht aufzunehmen, u. die Auslassung aller Titulaturen zu entschuldigen. Die Bemerk. betreffen bloß Ähnlichkeiten. Desto mehr habe ich mich über die lichtvolle u. kurze Herzählung der Regenten u. die kritische Anführung der Abweichungen u. Widersprüche Champ. u. Salts gefreut. Diese Zusammenstellung wird aber so nützlich seyn, als sie mühsam zu machen war.

Was Ew. Hochwohlgeboren aus meiner Abhandlung zu citiren wünschen, steht Ihnen sehr zu Diensten. Nur kann ich, da sie erst eben gedruckt wird, die Seitenzahl nicht ** angeben. Was ich aus Champ. bisher nicht selbst über entnommen habe, wünschte ich nicht erwähnt.

Mit der hochachtungsvollsten Freundschaft
Ew. Hochwohlgeboren
ergebenster,
Humboldt
12. März, 1827.
|23v vacat|


|Anhang|

|24r| S. 29. Sollte, was hier von der Unkenntniß der Aeg. Priester gesagt ist, nicht einige Milderung erfordern. Es gab doch von Hermapion (Ammianus Marcellinus. XVII. 4.) ein Entzifferungsbuch eines Obeliskentexts und obgleich sein Zeitalter wohl genau nicht bekannt ist, so reicht er schwerlich bis Herodot hinauf. – Dem Germanicus (Tacitus. Annal. II. 60.) las ein Priester Inschriften von Denkmalen ganz geläufig ab.[1]

S. 29. Z. 18. Da Ew. Hochwohlgebornen doch gewiß auch hieratische u. hieroglyphische Schrift unterscheiden, so muß hier hieroglyphisch stehen. Die Rosetta Inschrift ist, wie der Anblick lehrt griechisch, demotisch u. hieroglyphisch.[2]

S. 32. Die schreiben hier Calabscheh, Ghirscheh. Ich kann, da ich die Arabische Schreibung nicht weiß, nicht darüber urtheilen. Ich glaube aber, daß man nach derselben Analogie auch mehr End-h machen müßte. So wird gewöhnlich Esneh geschrieben, wo Ew. Hochwohlgeboren immer Esne haben. Sollte es nicht auch, um Kleinigkeiten zu erwähnen, besser seyn Karnak oder Carnac als Karnac zu schreiben. Auch Calabscheh und Karnac forderten wohl eine Gleichstellung.

S. 33. Pahlin. Auf dem Titel der französischen Schrift heißt der Vf. Palin.

S. 34. Lanzi – Der jetzt gegen Champollion geschrieben hat, heißt Lanci. Einen andren dieses Namens kenne ich nicht als Gegner Champollions.

S. 36. Ich würde lieber aenigmatisch schreiben.

S. 37. Z. 7. zur Darstellung von Gedanken scheint mir für die Aegyptischen Hieroglyphen ein wenig zu unbestimmt.

|24v| Die Hieroglyphen überhaupt begnügen sich entweder den Gedanken darzustellen, indem sie es dem Leser überlassen, ihn in Worte zu kleiden, oder sie bestimmen u. zeichnen die Rede selbst vor, so daß der Leser wirklich liest u. die Worte nicht frei wählen kann. Das Erste thun die Hieroglyphen vieler ungebildeter Völker; die Mexicanischen gingen vielleicht nie weiter. Die Aegyptischen charakterisirt die zweite Eigenschaft. Sollten Ew. Hochwohlgeboren daher nicht lieber geradezu: zur Bezeichnung der Rede oder der Sprache bestimmt sagen?

S. 37. Z. 22. Ich ahnde gar wohl, warum Sie die karakteristischen |sic| Elemente gesetzt haben. Es ist aber allein doch ein wenig zu dunkel. Ich würde vorschlagen zu schreiben: nach welcher die Köpfe der Menschen u. Thiergestalten u. d. k. E. d. U. der sonstigen Figuren g. s.

Gleich darauf müßte doch wohl gesagt werden, daß die Vocale nicht immer zwischen den Consonanten ausgelassen sind.

S. 39. vom 19. Jahrh. an. Hieße es nicht besser: von den ältesten Zeiten an? Der terminus a quo läßt sich nicht gut bestimmen.

S. 42. Die hier vorkommenden griechischen Wörter stehen alle im plural generis neutrius, da nur dies sich nicht auf das deutsche: Schrift beziehen kann, u. kein andres Substantivum da ist, so fällt dies auf. Ich würde daher rathen, entweder zu schreiben im fem. sing. δημοτικη, δημωδηϛ, ἐγχωρια, ἐπιστολογραφικη oder diese Worte alle zu lassen, wie Sie bei Ihnen sind u. γραμματα vor δημοτικα zu setzen.

S. 49. Daß Athotis, Er***ster Thoths hieße, war mir unbekannt. Ich erkenne auch nicht die Etymologie des Worts.

|25r| Bei Gelegenheit Seyffarths muß ich bemerken, daß, was er von Phönicischen Buchstaben sagt, aus ganz unzuverlässigen Quellen geschöpft ist, u. gar keinen Glauben verdient. Von Gesenius hat man erst ein Phönicisches Alphabet zu erwarten.

|25v vacat|

Anmerkungen

  1. 1 |WvH| |Links am Rand| Es widerspricht auch die hier stehende Behauptung dem p. 40. von Clem. Alex. Gesagten.
  2. 2 |WvH| |Links am Rand| S. 39. nennen auch Sie die Hieroglyphen der Rosetta Inschrift.
    Zitierhinweis

    Wilhelm von Humboldt an Johann Jakob Otto August Rühle von Lilienstern, 12.03.1827. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/1164

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