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  3. Nr. 167

Wilhelm von Humboldt an Franz Bopp, 14.07.1829

|1*| Ich danke Ihnen sehr, liebster Freund, für Ihren gütigen Brief vom 4. d. und dessen interessanten |sic| Beilagen.

Ich habe die Abhandlung über die Zahlen[a] sogleich gelesen, und mich sehr daran gefreut. Sie enthält auch außer dem Interesse, welches das Ganze einflößt, einzelne sehr scharfsinnige etymologische Bemerkungen. Die Muthmaßung, daß eka, der Begriff eins eigentlich ein Pronomen ist, ist der größesten Aufmerksamkeit werth. Ebenso die Zusammenstellung der Laute tsch und f. Bei diesem Punkt hätte man noch petorritum von petora, nach dem Alter in Oscischer u. Gallischer Sprache 4 hinzufügen können. Im Walisischen ist pedwar (masc.) 4, im Bas Breton  pevar (masc.) pedor (fem.). Die Sprachlehren leiten diese Wörter auf abgeschmackte Weise ab, sie sind aber offenbar die Wurzeln von petorritum, u. bloße Lautabwechselungen mit quatuor. Dies geht um so mehr hervor, als alle Zahlen dieser Sprachen mit ganz kleinen Verschiedenheiten nur die Lateinischen sind. Ew. Wohlgeboren haben bis nicht erwähnt. Sie halten es wohl aber auch für entstanden aus dvi. Dua ist auch in den Südsee Sprachen und bi in das sonst sehr abweichende Vaskische übergegangen. – Auf Ew. Wohlgeboren formae auctae u. purae will ich gewiß genau achten, wenn Ihre lat. Gramm. soweit gekommen seyn wird, u. die Sache mit völliger Unpartheilichkeit erwägen. Ich bin nur in den Sprachen der Einführung einer andern Terminologie, als die sich schon in ihnen vorfindet, nicht sehr geneigt. – Ihr schmeichelhaftes Urtheil über meinen Aufsatz über die Worttrennung u. den noch ungedruckten ist mir unendlich erfreulich gewesen. An dem letzten habe ich leider, seitdem Sie ihn kennen, nur sehr wenig arbeiten können, u. so ist er offenbar unvollendet. Ich muß also erst ihn weiter bringen u. mich dann über die Form, in der er zu geben seyn wird, entschließen. – Wenn Ew. Wohlgeboren Herrn Kalthoff[b] das anliegende Schreiben zukommen lassen können, soll es mir sehr |2*| lieb seyn. Hätten Sie keine Gelegenheit so erbitte ich es mir mit der Addresse |sic| des Mannes in Paris zurück. Ohne diese dürfte es unmöglich seyn es abzuschicken. – Ich lege Ihnen einen sehr hübschen Brief Lassens bei, der wieder eine Bestätigung einer Ihrer Behauptungen enthält. Sie haben wohl die Güte, da ich ihn noch nicht beantwortet habe, ihn mir bald wieder zuzuschicken.

Leben Sie herzlich wohl. Mit der lebhaftesten Hochachtung und Freundschaft
der Ihrige,
Humboldt
Tegel, den 14. Julius, 1829.

|3*–4* vacat|

Anmerkungen

    1. a |Editor| Die Abhandlung "Über die Zahlwörter im Sanskrit …" wurde von Bopp am 25. Oktober 1830 in der Akademie gelesen, lag aber erst 1835 gedruckt vor. [FZ]
    2. b |Editor| Gemeint sein muß der Orientalist Johann Heinrich Kalthoff (1803–1839), der nach der Promotion in Bonn 1829 seine Studien in Paris bei Sylvestre de Sacy und Abel-Rémusat fortsetzte (ADB 15 [1882] S. 48). [FZ]

    Über diesen Brief

    Eigenhändig
    Schreibort
    Antwort auf
    -
    Folgebrief
    -

    Quellen

    Handschrift
    • Grundlage der Edition: Krakau, Biblioteka Jagiellońska, 94 Briefe von H. v. Humboldt an F. Bopp, Autographen-Sammlung, Humboldt, aus der ehem. Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin, gegenwärtig in der Jagiellonen-Bibliothek Krakau, Nr. 50. – Druckkoll.: Jena, ThULB, Nachlass Leitzmann, Inv.-Nr. 92
    Druck
    • Lefmann 1897, S. 66f.
    Nachweis
    • Mattson 1980, Nr. 8061
    Zitierhinweis

    Wilhelm von Humboldt an Franz Bopp, 14.07.1829. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/167

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