Wilhelm von Humboldt an Franz Bopp, 24.04.1832
|1*| Ich statte Ihnen, theuerster Freund, meinen wärmsten und herzlichsten Dank für Ihr gütiges Geschenk und die schmeichelhaften Aeußerungen Ihres Briefes ab. Es ist mir ungemein erfreulich, daß Sie die Güte gehabt haben, meinen Nahmen auch der neuen Umarbeitung Ihrer Grammatik vorzusetzen. Mein erstes Urtheil über dies wichtige Werk hat sich seit der Zeit, in der ich es so vielfältig gebraucht habe, immer aufs neue bestätigt. Es giebt keine Grammatik, in welcher die behandelte Sprache so in allen ihren Theilen durchdacht als ein zusammenhängendes System dargestellt wäre. Ich werde nicht nur die Zusätze sehr aufmerksam lesen, sondern freue mich auch das Buch jetzt in allen Theilen so zu Rathe ziehen zu können, wie Sie es nun aufs neue haben dem Publikum übergeben wollen.
Meinen Bruder würde Ihr Paket nicht mehr in Paris treffen. Wenigstens wäre es sehr ungewiß, da ich ihn im kurzen hier erwarte. Es bleiben jetzt nur zwei Wege übrig, entweder daß mein Bruder das Paket hier empfängt und die für Paris bestimmten Exemplare von hier aus hinbesorgt, oder daß ich Ihnen das Paket zurückschicke und Sie die Exemplare an die bestimmten Personen in Paris richten. Mir schiene aber das erstere das beste und bis ich Ihren Entschluß |2*| weiß, behalte ich das Paket bei mir.
Von meiner Abhandlung schäme ich mich ordentlich zu reden, liebster Freund, da die Arbeit gar kein Ende nehmen will doch werde ich gewaltsam vor meiner Badereise abschneiden damit sie während meiner Abwesenheit durch Buschmann ins Reine gebracht werden kann, wo ich Sie dann recht dringend um Ihr aufmerksames Durchlesen bitten werde. Ich hoffe aber, daß Sie Sich überzeugen werden, daß sie soviel Stoff enthält, daß man die Länge der Arbeit begreift. Ich fürchte dessen im Verhältniß zur Wichtigkeit des Gegenstandes zuviel gehäuft zu haben. Es ist aber schwer, wenn man seine Behauptungen doch auf Thatsachen gründen will, hierin das rechte Maaß zu halten, und wer sich die Mühe geben will, in das Einzelne einzugehen, wird auch nicht dort häufig Interessantes für die Sprachforschung vermissen.
Es war die Rede davon, neue Mitglieder der Akademie für unsere Klasse aus Berlin selbst zu wählen, unter andern Herrn von Varnhagen. Haben Sie doch die Güte, mir zu sagen, ob dies schon so geschehen ist, daß die neuen Mitglieder eingeführt sind.
Leben Sie herzlich wohl mit der aufrichtigsten und unwandelbarsten Freundschaft|

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|3* vacat|
|4*|
An
Herrn Professor Bopp
Wohlgeboren
in
Berlin
Über diesen Brief
Quellen
In diesem Brief
- Bopp, Franz (1832): Grammatica critica linguae Sanscritae. Altera emendata editio, Berlin: Dümmler
- Humboldt, Wilhelm von (1836): Über die Kawi-Sprache auf der Insel Java, nebst einer Einleitung über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluss auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts. In: Abhandlungen der Königlichen Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre 1832, Zweiter Theil
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