Franz Bopp an Wilhelm von Humboldt, 20.06.1832
sage ich meinen innigsten Dank für die gütige Uebersendung Ihres Briefes an Dr Lieber,
der gewiß Hrn Becker sehr große Freude machen
wird und für ihn sehr ehrenvoll ist. Um zu den übrigen Gegenständen Ihres
geehrten Schreibens überzugehen, so bin ich mit Ew Excellenz vollkommen
einverstanden, daß man {
} als ein nicht
persisches nicht arabisches Wort, aus einer Sanskritischen Wurzel womöglich
erklären müsse. Es bietet sich in formeller Beziehung nichts besseres als
{tajjñ} dar, denn die
Nasale vor einem |2*| schließenden Consonanten machen niemals einen sehr
wesentlichen Bestandtheil einer Wurzel aus. Ich möchte aber das das
inî in
tadschinî
nicht mit dem inî von
padminî
zusammenstellen und als eine Fülle andeutend
ansehen. Ueber
padminî erlaube ich mir mich auf Seite 271
der lateinischen Ausgabe meiner Grammatik zu berufen;
dagegen würde ich
tadschinî
als das Fem. eines
Kridanta-Wortes ansehen, weil
in an die Wurzel selbst getreten ist, wie in
{cārin} gehend. Freilich
kommen diese Wörter wovon ich l. c. S. 260. 61.
handele vorzüglich nur am Ende von Compositen vor|.| Die Bedeutung der Wurzel
{tañj} stimmt
ebenfalls gut, besonders wenn man aus den englischen Uebersetzungen die
Bedeutung zuschnüren folgert, die jedoch nicht ganz
sicher darin liegt|.|
Rosen scheint sich an der Sanskr.
Erklärung
{saṅkoce} gehalten zu haben. –
Doch sehe <ich> erst eben, daß
Wilson diesen Ausdruck durch
schutting |sic|,
closing,
contracting übersetzt; was in besonderer
Anwendung allerdings ein Zuschnüren ist.
|3*| Die Ableitung von
tigris
aus {tig} scheint mir ganz
zuläßig. Man müßte wenn
{vyāghra} mit
tigris
verwandt ist eine Entstellung des Indischen Wortes annehmen.
Wilson erklärt
{vyāghra} aus
{ghrā} reichen; man könnte
aber, wenn
vyâghra seinen Anfang nicht entstellt hat,
auch an die Wurzel
{han} denken, die ihr
{h} häufig in
{gh} umwandelt.
Ew Excellenz
ganz gehorsamster
Bopp
Berlin den 20. Juni 1832.
<P.S.> Wollte man {tājinī} als Derivativum
ansehen, aus einem primitiven Substantiv
{tāj}
was etwa Falte bedeuten möchte, so würde es „die Falten habende“
bedeuten.
Sr Excellenz
Herrn Geheimen Staats-Minister
Freiherrn W. von Humboldt
in
Tegel
|Darunter Siegel|
Über diesen Brief
Quellen
In diesem Brief
Zitierhinweis
Dieses Dokument als TEI-XML herunterladen Frühere Version des Dokuments in der archivierten Webansicht ansehenDownload
Versionsgeschichte