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  3. Nr. 62

Gustav Seyffarth an Wilhelm von Humboldt, 10.03.1826

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Regest

Ew. Excellenz haben mich durch die gnädige Annahme …

Aus Freiberg in Sachsen. Seyffarth bedankt sich bei Humboldt für die Annahme seines mit dem (nicht erhaltenen) Brief vom 13. Februar versandten Geschenks, einem Exemplar seiner Rudimenta hieroglyphices. Seyffarth gibt zu, dass er versäumt habe, die Hauptbeweise für sein System der Hieroglyphen in den Rudimenta darzulegen; dies hätte er vor Erscheinen des Buches in ein Abhandlung tun sollen. Im Anschluss erklärt er durch Vergleich einzelner Zeilen der Inschrift von Rosette Parallelstellen der demotischen und hieroglyphischen Textpassagen. Aufgrund von Ähnlichkeiten zwischen dem demotischen und dem phönizischen Alphabet (dem nach Aussage der antiken Quellen ältesten Alphabet überhaupt) schließt Seyffarth, das demotische sei das älteste ägyptische Alphabet, aus dem sich das Hieratische und schließlich die Hieroglyphen entwickelten. In einem Addendum teilt Seyffarth eine aramäische Inschrift aus der Cyrenaica mit, die nach Paris gelangte, von wo der Bibliothekar Raoul-Rochette eine Abschrift an Gottfried Hermann sandte, der diese wiederum Seyffarth mitteilte. Er ist nicht vollends von der Echtheit der Inschrift überzeugt und schlägt vor, diese August Boeckh vorzulegen.



|Anhang|

|96r| N. S.

Ich bin so frei eine Copie von einer Aramäischen Inschrift mit griechischer Unterschrift beyzulegen. Der Stein wurde in Cyrenaica gefunden u von da nach Malta, dann nach Paris gebracht, von wo aus H. Biblioth. Raoul Rochette sie dem Prof. Hermann in der Abschrift geschickt hat, um sein Gutachten zu erfahren. Er glaubte, sie sei Aegyptisch u theilte sie mir mit, wo ich denn fand, daß sie eine spätere Hebräische sei, nicht eine altägyptische, wie H. Raoul-R. meinte. Ich lese sie so:  Sankskrit

 Sankskrit

Die Inschrift ist in vieler Rücksicht sehr wichtig, doch bin ich von ihrer Aechtheit noch nicht völlig überzeugt, bekenne indessen gern meine Unkunde in diesem Fache. Vielleicht wird es dem H. Prof. Boeckh, dem ich mich bestens zu empfehlen bitte, nicht unlieb seyn, sie zu sehn. Sollten Sie wünschen die Inschrift öffentlich bekannt |96v| zu machen, so würde es wohl nöthig seyn, H. R. Roch. davon zu schreiben, welches Geschäft ich sehr gern übernehmen würde.

Das neue System der Hieroglyphen von Champollion werden Sie, Hochgeehrter Herr Professor[f] kennen. Unter vielem falschen enthält es einiges wahre u so sehr ich ein Zuvorkommen fürchtete, so glaube ich doch jetzt gewiß, daß von dieser Seite nichts zu befürchten sey. Doch auch hierüber wird Stillschweigen das beste seyn.

Zitierhinweis

Gustav Seyffarth an Wilhelm von Humboldt, 10.03.1826. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/62