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Franz Bopp an Wilhelm von Humboldt, 20.06.1820

Ew. Excellenz

haben mir durch Ihr gnädiges Zuschreiben eine sehr grosse Freude gemacht. Die gelehrten Bemerkungen, welche dasselbe darbietet, sind für mich von äusserster Wichtigkeit. Es ist mir sehr lieb, dass Ew. Excellenz die Amerikanischen Sprachen zum Gegenstande Ihrer Untersuchungen machen; ich habe längst gewünscht, dass dieselben eine gründliche Bearbeitung, deren sie würdig sind, finden möchten. Die scharfsinnigen Beobachtungen Ew. Excellenz rechtfertigen meine Erwartungen, dass eine gründliche Durchforschung der Amerikanischen Sprachen sehr bedeutende Aufschlüsse über allgemeine Sprachengeschichte geben würde. …[a]

Hierbey habe ich die Ehre Ew. Excellenz ein Exemplar meiner früher erwähnten Arbeit zu schicken; ich habe darin mehrere neue Ansichten zu entwickeln gesucht und verschiedene neue Berührungspunkte der verglichenen Sprachen aufgestellt. Es würde mich sehr freuen, wenn Ew. Excellenz die Abhandlung Ihrer Durchsicht würdigen und mich durch Ihr Urtheil darüber belehren wollten.

Indem es keine gedruckte Anleitung zum Lesen des Sanskrites giebt, wie Sie |sic| Ew. Excellenz wünschen, so habe ich mir das Vergnügen nicht entsagen können diesen Mangel in etwas zu ersetzen. Ich überschicke Ew. Excellenz hiermit die 4 ersten Seiten des Hitopadesa in Lateinischen Buchstaben, und wenn Hochdieselben diese kleine Arbeit für nützlich und eine Fortsetzung für erwünscht halten, so bitte ich Ew. Excellenz mich mit Ihren Befehlen zu beauftragen und überzeugt zu seyn, dass es für mich eine grosse Freude seyn wird sie zu erfüllen.

Ich werde wahrscheinlich im August London verlassen, kenne aber bis jetzt meine Bestimmung noch nicht, ich erwarte längst meine Ernennung zu einer Professur, um so mehr als mir das damit verbundene Gehalt zur Bestreitung meiner hiesigen Aufenthaltskosten beytragen sollte. Denn die Unterstützung die ich von dem Kronprinzen hatte, hörte mit dem verflossenen Jahre auf, und die Regierung hat es bey den tausend Gulden die ich von ihr hatte bewenden lassen; hiermit kann ich bey der grössten Einschränkung kaum die Hälfte meiner nothwendigsten Ausgaben bestreiten. Der Kronprinz begünstigt wie bekannt sehr die Wissenschaften, auch den Zweig, den ich ergriffen, ohne S. Königl. Hoheit hätte ich wirklich sehr geringe Hoffnung; wenn ich noch meinen Zweck bei der Bayrischen Regierung durchführe, so wird es durch den Kronprinzen seyn.

Im Fall mich Ew. Excellenz noch Anfang August mit einem Briefe beehren wollten, so bitte ich Sie denselben gnädigst an meinen Vater, Andreas Bopp, in Aschaffenburg zu addressiren.

Ew. Excellenz werden vielleicht die Gnade haben beyliegenden Brief an seine Bestimmung ergehen zu lassen und meine Zudringlichkeit zu entschuldigen.

Mit tiefster Verehrung
Hochgebietender Herr Staatsminister
Ew. Excellenz
Unterthänigster
Fr. Bopp.
London, den 20. Junius 1820.
37 Windsor Terrace
City Road.

Es wird Ew. Excellenz vielleicht angenehm seyn zu erfahren, dass Wilson’s Sanskrit Dictionary seit kurzem in London angekommen; ich zweifle jedoch, dass es jetzt schon im Verkaufe sey.

Anmerkungen

    1. a |Editor| Auslassungspunkte bei Harnack.
    Zitierhinweis

    Franz Bopp an Wilhelm von Humboldt, 20.06.1820. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/1

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