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Carl Eduard Meinicke an Wilhelm von Humboldt, 09.12.1832

|1*| Ew. Excellenz

kann ich beifolgend mit großem Vergnügen den Marsden zurücksenden, dessen Studium ich glücklich vollendet habe, und will dabei nicht unterlassen, daß ich mich zu desto größerem Danke für Ew. Excellenz Güte verpflichtet fühle, je mehr Belehrung ich aus diesem höchst wackeren Werke genommen habe. Den Weg der directen Übersendung habe ich wählen zu müssen geglaubt, theils um Ew Excellenz das Werk in der kürzesten Zeit zukommenzulassen, theils weil ich nicht glaube, dass der Herr Geh. Regierungsrath Wilken, der dasselbe mir über Siegel zugesandt hat, davon unterrichtet gewesen ist. Den Threlkeld denke ich nun ebenfalls bald beenden zu können.

Was Ew Excellenz gütigen, für mich so ehrenvollen Vorschlag betrifft, meine Vocabularien dem Werke Ew. Excellenz einzuverleiben, so bin ich wohl gern bereit, alles was ich der Art besitze, Ew Excellenz geordnet zu übersenden, und denke dies gegen das Ende des künftigen Monates bestimmt thun zu können. Sie umfassen übrigens alle sogenannten Australnegerländer, bis zu Neuseeland herab, dies natürlich ausgelassen.

Die beiden Worte wat u papua betreffend, bedauere ich, wenig Befriedigendes darüber bemerken zu können. Das erste hat mich schon längst sehr viel beschäftigt. Es ist nicht wunderbar, daß in allen meinen Sammlungen sich kein Wort für den Begriff Gott befindet. Doch ist es merkwürdig, daß nach Freycinet ( voy. autour du monde, Historique II. 56) die Papua der Insel Waigiou die Götzenbilder in ihren Wohnungen nenek nennen, was ich für das Malaiische Wort, das Großvater, Vorfahr bedeutet, halten möchte. Jedoch glaube ich, daß Forrests Vocabular überall nur mit Vorsicht zu benutzen ist, es ist ohne Zweifel unter sehr großem Einfluß seines Begleiters Tuan haji abgefasst, und das gleich auf wat folgende Wort hytan sieht mir gar zu mohammedanisch aus. Auch fiel mir Ew. Excellenz Ableitung von awataram auf; ich hatte es, noch ehe ich wusste, daß Marsden derselben Ansicht ist, von dem Sanskritwort dewa, wofür, wie ich glaube, auch eine Form dewata existirt, abgeleitet; (Forrest schreibt es dwat .) die letzte Form erscheint mindestens in Sprachen des Archipels häufig, und der damit verbundene religiöse Begriff ist der viel einfachere.

Für papua finde ich bei Crawford |sic|  puapua , woraus ich auf eine einfachere Form pua schließen möchte. In einem kleinen |2*| Vocabular, das Entrecasteaux’s Begleiter in Waigiou von Papuas sammelten, die sie für herübergekommen von Neuguinea hielten, finde ich das Wort pia für Haar ( Entrec. voyage I. 590), und die Neucaledonischen Vocabularien geben mehrere Ausdrücke für Haar, die auf den gemeinsamen Stamm poun schließen lassen. Über die Verbreitung des Stamms papua habe ich noch eine historische Notiz gefunden, die vielleicht Beachtung verdient. Pigafetta, der bekannte Begleiter Magelhans |sic|, fand bei seinem Aufenthalt in Tidor dort einen heidnischen König aus dem Innern von Silolo, der Raja papua hieß. Sollte das Wort um 1500 nur erst einen besonderen Stamm bezeichnet haben?

Indem ich Ew. Excellenz ersuche, diese geringen Andeutungen gütigst anzunehmen, kann ich zugleich nicht umhin, mit der Versicherung der innigsten Hochachtung mich zu unterzeichnen
Ew Excellenz
ergebenster
Dr. Meinicke
Prenzlau den 9 December 1832.

|Rückseite des Bogens:|
S. Excellenz
dem Herrn Staatsminister Freiherrn W. v. Humboldt.
Berlin

frei
beiliegend ein Buch in gr. Leinwand
gez. O. P
Berlin.
|Verschiedene Stempel und ein Siegelabdruck|

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Quellen

Handschrift
  • Grundlage der Edition: Dortmund, Stadt- u. Landesbibliothek Atg. Nr. 6965
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Nachweis
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Zitierhinweis

Carl Eduard Meinicke an Wilhelm von Humboldt, 09.12.1832. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/910

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