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Ignaz von Olfers an Alexander von Humboldt, 18.03.1827

|1r| Rio de Janeiro d. 18 März 1827

Ew. Hochwohlgeboren

erhalten hiebei die Tabelle von Thermometer-Beobachtungen, welche ich Ihrem Wunsche gemäß auf der See geführt habe. Mancherlei Ursachen, aber nicht der angenehmsten Art, haben mich gehindert, sie früher zu schicken. – Bis Madeira war unser Paketboot so voll Menschen, daß bei dem schlechten Wetter, welches uns traf, an keine Beobachtungen zu denken war. Bei Teneriffa überfiel uns ein tüchtiger Sturm, der mir bei einem Haare meinen Wagen|?| über Bord geworfen hätte, und mir nicht erlaubte, dort ans Land zu gehn. Wir blieben 18 M. vor Puerto de l’Orotava, und hatten dort nach jenem Sturme zwei Tage der völligsten Windstille. Von den Verheerungen, welche der Orkan und die Wogen auf Teneriffa anrichteten, haben Sie nun längst ausführliche Nachrichten durch die Zeitungen erfahren, ich will Sie daher nicht nochmals damit langweilen. – Die Beobachtungen habe ich so vorsichtig als mir möglich war angestellt, um 9 U. v. M. u 3. U. n. M. das Thermometer ausser dem Wasser beobachtete ich vorher und nachher in Beziehung auf die Beobachtung desselben im Wasser. Zu dieser ließ ich mir einen großen Eimer voll aufs Vordeck ziehn. Ich hatte Thermometer von J. C. Greiner <sen> & C° in Berlin, welche genau übereinstimmten. Das Eine wurde mir am 26t Abends zerbrochen, ich setzte daher die Beobachtungen mit dem andren fort. – Auf keine Reise sah ich noch so wenig Physalien. – Sie werden aus der Länge sehen, daß wir ziemlich nahe bei S. Paulo vorbeigekommen seyn müssen. Ich hätte den Felsen gar gesehen, allein wir kamen grade zur Nachtzeit in jene Höhe, und das Paketboot durfte |1v| deswegen seinen Lauf weder ändern noch aufhalten.

Ich habe das Unglück gehabt, alle meine Effecten, welche auf einem am Cap S. Thomé gestrandeten Hamburger Schiffe verladen waren, zu verlieren, so daß auch nicht das Geringste gerettet ist. Ausser dem Verluste der Sachen und des Geldes, ist manches darunter, was sich nicht wiederkaufen läßt zB. mein Marggrav und Pito |sic|, worin ich seit Jahren vieles zusammengetragen hatte, und anderes was ich sehr ungern entbehre, wie die nothwendigsten naturhistorischen Bücher und alle meine Instrumente, besonders mein Mikroscop, welches ich mir ganz nach meinem Sinne vollständig eingerichtet hatte.

Ich bin Ihnen noch ganz besonders Dank schuldig, daß Sie mich veranlaßt haben, bei Bunten einen Barometer zu kaufen. Es ist gewiß der Zweckmäßigste, den wir haben. Der Meinige hat auf der Reise manche Stöße ausgehalten, und ist durchaus nicht in Unordnung gekommen. Außerdem würde ich auch ganz ohne Barometer seyn, denn ein Bassin-Barometer, den ich bei Pistor bestellt und bezahlt habe, um ihn im Monat November über Hamburg zu erhalten, ist gar nicht dahin geschickt worden.

Unter meinen hiesigen nähern Bekannten, deren Zahl freilich nicht groß ist, zähle ich den Columbischen Gesandten Leandro Palacio /die Herren haben alle das Don abgeworfen/: er ist ein angenehmer gebildeter Mann; seine Familie, meint er, sey Ihnen nicht unbekannt. – Ausser dem haben wir einen Peruvianischen Geschäftsträger hier. – Werden wir denn nicht endlich einmal im Interesse unsres Handels alle diese Länder anerkennen? Wir können doch nicht immer à la Sancho Pansa hinter dem Ultramontanen Don Quichote herlaufen, und die übrigen knebeln uns mit Principien, um den Vorsprung zu gewinnen, wie Frankreich bereits gezeigt hat.

Ich hoffe Sie haben nicht vergessen mir Ihre Schrift über Cuba zu schicken; in dieser literarischen Einöde würde sie, wenn es möglich wäre, für mich noch an Werth gewinnen. |2r| Von Paraguay haben wir gar keine Nachrichten. Man weiß hier nicht einmal ob der alte Francia wirklich abgedankt hat. Für Bonpland ist wenig Aussicht, doch werden Sie gewiß glauben, daß ich jeden günstigen Augenblick, wo ich ihn nutzen kann, nicht unbeachtet lassen werde. Die sogenannte Mme Bonpl. ist vor einiger Zeit von Frankreich hierdurch nach MVideo gereist, und will, wie man sagt, dem Dr Francia einen Besuch machen; vielleicht richtet sie etwas aus.

Sellow ist noch in Rio Grande und sammelt sehr fleißig; ich habe ihm geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten.

Ihrem Herrn Bruder und der ganzen Familie bitte ich mich bestens zu empfehlen, und habe die Ehre mit aufrichtiger Verehrung zu seyn

Ew Hochwohlgeboren
ergebenster Dr
Olfers
|2v vacat|
Zitierhinweis

Ignaz von Olfers an Alexander von Humboldt, 18.03.1827. In: Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der Sprachwissenschaftlichen Korrespondenz. Berlin. Version vom 15.03.2023. URL: https://wvh-briefe.bbaw.de/992

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