Paris, 8. Mai 1824
Endlich bin ich im Stande, hochgeehrter Herr Baron, Ihnen die erste Lieferung
meiner Tableaux historiques de l’Asie zu übersenden,
und ich hoffe dass mit dem nächsten Courier zwei neue werden abgehen können.
Nehmen Sie dieses Werk mit gütiger Nachsicht und als ein Zeichen der Dankbarkeit
auf, die ich Ihnen in so großem Maasse schuldig bin. Ich bin so frei Sie mit der
Bitte zu belästigen, das eine Velin-Exemplar im Paquete nebst inliegendem
Schreiben an Se. Majestät den König kommen zu
lassen, und das andere im blauen Umschlage an Herrn
von Ancillon, dem ich es versprochen habe. Ich lege für Ew.
Hochwohlgebohren noch einige Americana, die ich durch Herrn Duponseau
in duplo erhalten
habe bei. Es hat mir derselbe auch den neuen Ausdruck
von J. Elliot’s grammar of
the Massachusetts Indian Language, die zuerst 1666 zu Cambridge erschienen ist, übersendet.
Sollten Sie dieselbe nicht kennen so bin ich gern bereit sie mitzutheilen.
Ich höre mit Bedauern, dass Herr von
Altenstein sehr krank gewesen oder es noch ist, und dass wir
fürchten müssen ihn als Minister zu verlieren. Dies wäre besonders für mich und
meine Arbeiten sehr unangenehm, zumal wenn das wissenschaftliche Fach wieder
unter den Hammer eines Cyklopen fiele.
Mit vielem Vergnügen sehe ich, dass Herr Professor
Bopp unermüdlich in seinen Sanskrit-Arbeiten fort fährt, und ich
hoffe, dass seine Schüler, sowie die von A. W.
Schlegel das Studium der Indischen Litteratur bald in Deutschland
verbreitet haben werden. Höchst wünschenswerth scheint es mir zu sein, dass ein
Mann wie Bopp nach England gienge, um dort die
6000 von Mackenzie copirten
InschriftenSiehe hierzu: Colin Mackenzie / Horace Hayman Wilson (1828):
MacKenzie Collection. A Descriptive Catalogue of the
Oriental Manuscripts and Other Articles Illustrative of the
Literature, History, Statistics and Antiquities of the South of
India
, Calcutta: Asiatic Society., die sich im Besitze der
Ostindischen Compagnie befinden zu übersetzen.
Sie würden eine herrliche Ausbeute geben und historisch manches erklären.
Die Engländer werden nie damit zu Stande kommen, oder gar nicht an die
Entzifferung dieser Inschriften denken. Sobald der Druck meiner Tableaux beendigt sein wird (ich hoffe in vier Monaten) so werde
ich mit Eifer an den Mithridates gehen, bis dahin muss
ich mich begnügen die einlaufenden Beiträge zu sammeln und zu ordnen. Die
grösste Schwierigkeit beim ersten Bande bieten die Popularsprachen in Indien
dar, für die ich eigentlich keinen Mitarbeiter habe. Das Malabarische,
Tamulische und Balabandische verdienen eine besondere Aufmerksamkeit. Sollten
Ew. Excellenz mir dazu nicht behülflich sein können? Der Professor in Hartfort
Gemeint ist hier
vermutlich der Orientalist Sir Graves Champney
Haughton (1788–1849). Dieser war 1819–1827 Professor für
Sanskrit und Bengali am East India College in
Hertford, Hertfordshire.,
an den mich Herr Bopp gewiesen, hat mir auf
meinen Brief nicht geantwortet. Der Abbé
Dubois ist nicht Grammatiker genug um nützlich zu sein, auch
versteht er nicht Sanskrit, und das ist ein Hauptmangel.
Ich ergreife diese Gelegenheit, um mich Ew. Excellenz’ fernerem
Wohlwollen zu empfehlen und bin mit Hochachtung und Ergebenheit
Ew.
Hochwohlgebohren
gehorsamster Diener
H. Klaproth