daß das weder des Gegenstandes, noch
Ihrer gütigen Einladung würdig ist. Ich glaube vielmehr es auf diese allerdings
sehr drohende Gefahr hin wagen zu müssen, Ew. Wohlgeboren meine Meinung über die
von Ihnen aufgestellte Preisaufgabe freimüthig und frei von allen kleinlich
Völker Gebirgsvölker, von der obern Wolga, Duna,
Dnepr an, zwischen dem schwarzen und baltischen Meere, gegen Südwest bis zum
Adriatischen, und von diesem längs des nördlichen Po-Ufers, zu den Ost-Ufern
der Rhone und des Mittel-Rheins; zum Behuf einer Grundlage der Ethnographie
und Sprachen-Karte Europas. Der Einsendungs-Termin ist der 31. März 1828.
Die Ertheilung des Preises von 50 Dukaten geschieht in der öffentlichen
Sitzung am Jahrestage von Leibnitz, den 3. Julius desselben Jahres."
[FZ]
Ich halte es für einen vortreflichen Gedanken, die ethnographischen Verhältnisse
Europas zum Gegenstande einer akademischen Aufgabe zu machen, und stimme
vollkommen in alles dasjenige ein, was Sie über diesen
Sprach- und
Völkerstudium die Lücke auszufüllen erlauben.
Worin ich eben nicht mit Ihnen, wie ich offenherzig gestehen muß, übereinstimmen
kann, ist, daß Sie in der Aufgabe eine Musterung der Gebirgsvölker verlangen.
Zuerst ist dieser Ausdruck zu wenig bestimmt, und wird
es noch weniger dadurch, daß Sie zu den Gebirgen doch auch die niedrigeren
Waldstriche mitnehmen. Wie weit sollte sich nun z.B. die
Dann sieht man wenigstens aus der jetzigen Fassung nicht recht, warum man
gerade bei den Gebirgsvölkern stehen bleiben will. Die Einleitung entwickelt
diese Idee gerade nicht, oder wenigstens nicht genug, u. mir wenigstens ist es
so gegangen, daß ich diese Bestimmung nicht erwartete. Es heißt gar bei
Gelegenheit der Albwiesen: in dieses u. jenes, außerhalb
großer Heerstraßen u.s.f. und hiermit scheint wohl ausgedrückt zu seyn,
daß man die Untersuchung der Gebirgsvölker gerade noch
vernachlässigt hält, daß man glaubt, daß es in den Gebirgen gerade noch Sprach- u. andre Denkmäler giebt, welche Licht
auf den Ueberrest des Landes verbreiten können. Ist das Ew. Wohlgeboren Meinung
gewesen, so wage ich wirklich nicht, jetzt aus dem Stegreif weder zu behaupten,
noch zu bestreiten, daß dieser Weg zu wichtigen Resultaten führen könne, allein
so würde ich doch achten, dieser Idee in der Einleitung zur
Preisaufgabe mehr Raum zu vergönnen. Dadurch würde denn auch die
Aufgabe von selbst im Ausdruck Gebirge bestimmter
werden. Denn es würde sich nun bald zeigen, bei welchen Gebirgen die
Untersuchung gar nichts Neues anspräche, u. diese sonderte sich dann von selbst
ab. Die Bewerber würden denn auch gleich auf das erst neu zu leistende geführt, was immer gut ist, da man doch nicht in
einer Preisaufgabe alles schon Bekannte über einen so
weitläuftigen Gegenstand wieder vortragen soll, noch kann.
Hat aber Ew. Wohlgeboren, ohne daß Sie die Aufgabe so beschränken sollten,
vorgeschwebt, daß der Völkerzug oft u. meistens auf den Gebirgen fortgeht, u.
sich von den Gebirgen aus verbreitet, so würde ich in der Aufgabe lieber sagen:
„die jetztlebenden Europäischen Spur, die sie in diesen, sowohl in den heutigen Gebirgsvölkern, als in todten
Denkmalen hinterlassen haben.“ Denn in der Voraussetzung, von der ich
jetzt rede, wollte man doch die Untersuchung nicht auf die Gebirgsvölker
beschränken, sondern die Preisbewerber nun gleich dahin weisen, wo sie die
tiefsten und ergiebigsten Forschungen zu machen hätten.
Wenn ich meine Meinung hier sagen darf, so scheint es mir, müßte die Preisaufgabe
sich entweder insofern ganz auf die Gebirgsvölker beschränken,
Nähme man die Aufgabe auf die letzte Weise, so ist sie überaus weitläuftig u. es scheint mir denn nothwendig, entweder ihr ihren ganzen Umfang zu lassen, ohne neu eine summarische Ausführung zu verlangen, oder ihren Umfang zu theilen.
Thäte man das Erstere so müßte die beantwortete Aufgabe nun die verschiednen Völkerstämme vollständig u. richtig angeben, sich aber über deren einzelne Verzweigungen nur im Allgemeinen einlassen. Sie wäre gelungen, wenn kein Völkerstamm fehlte, wenn keiner hineingelangen wäre, der nicht vorhanden ist, wenn nicht verschiedene Stämme als derselbe, oder derselbe, als verschieden genannt, u. wenn nicht wesentliche Irrthümer in ihrer Vertheilung begangen wären.
In der ersteren Rücksicht könnte man die genaue Nachweisung aller Slawischen Völkerstämme u. ihre Spuren in Sprache, Namen, Sitten u. Denkmalen verlangen, und dies würde ich für eine höchst angemessene Fassung der Aufgabe halten. Die Preisbewerber müßten alsdann den slawischen Stamm nicht bloß von den offenbar von ihm verschiednen, wie es der sogenannte Thrakische ist, bestimmt scheiden, sondern auch von den Stämmen, die obgleich entweder selbst slawisch, oder viel Slawisches in sich tragend, dennoch nicht rein, oder bloß slawisch sind, wie die Litthauer u. die alten Preußen. Dann würde ich aber alle Bezeichnung des Landstriches weglassen.
In der zweiten der genannten Rücksichten glaube ich müßte der Länderstrich, wenn
diese Fassung Nutzen greifen sollte, so bestimmt werden, daß er wenigstens Einen
Völkerstamm ganz in sich faßte, u. dies ist wirklich in Ew. Wohlgeboren
Bestimmung der Fall, die auf den Slawischen vorzugsweise paßt. Nur vermisse ich
darin wieder einige Bestimmtheit. So vermisse ich z.B. wie weit zwischen dem
Ausfluß der Donau z.B. u. dem Adriatischen Meere der Strich südlich
genommen werden soll, ob nun bis an die Donau, oder tiefer u. durch ganz Ungarn,
Griechenland u.s.f. Auf keine Weise aber kann ich in Europa selbst eine
geographische Bestimmung sehr nützlich halten. Sie wird immer wieder die
ethnographischen Verhältnisse zerschneiden u. stören, wie bei der
Gränzbestimmung in Ew. Wohlgeboren Aufgabe der Deutsche Stamm vom
Skandinavischen wirklich getrennt ist.
Ich fühle beim Durchlesen dieses Blattes, wie sehr es der Nachsicht Ew. Wohlgeboren bedarf. Ich bitte Sie aber nur zu glauben, daß ich geschrieben habe, weil Sie es so gütig wünschten, nicht aber in der Anmaßung etwas, worin Ew. Wohlgeboren so sehr Meister sind, bessern zu wollen.