Johann Wolfgang von Goethe an Wilhelm von Humboldt, 24.12.1821<idno type="BBAW">1156</idno> Wilhelm von Humboldt: Online-Edition der sprachwissenschaftlichen Korrespondenz Frank Zimmer Editor Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0) Grundlage der Edition: Weimar, GSA 29/26, Bl. 124 (auf dem Blatt oben rechts: „288“) Goethe 1887–1919, IV Bd. 35, S. 213f. (= WA) 11670 Humboldt, Caroline von Riemer, Friedrich Wilhelm Humboldt, Wilhelm von (1822): Über das vergleichende Sprachstudium in Beziehung auf die verschiedenen Epochen der Sprachentwicklung. Vorgelesen den 29. Junius 1820. In: Abhandlungen der königlich preußischen Akademie der Wissenschaften aus den Jahren 1820–1821, Historisch-philologische Klasse, S. 239–260. – Vgl. GS IV, S. 1–34 Zaudern darf ich nicht verehrter Freund für die liebwerthe Sendung zu danken … Goethe, Johann Wolfgang von Weimar Humboldt, Wilhelm von 29.11.1821 Konzept in Schreiberschrift (Johann August Friedrich John) FZ 26. Januar 2021 in Bearbeitung
Des Herrn Staats Minister v. Humboldt Excellenz. Berlin.

Zaudern darf ich nicht verehrter Freund für die liebwerthe Sendung zu danken; sie hat mir und dem wackern Riemer große Freude gemacht, mußten wir doch Ihr treffliches Heft übereinstimmend finden mit unserer Ueberzeugung, frisch aufklärend und weiter deutend, alles anregend was dem Sprechenden, d.h. den verständig vernünftigen Menschen nur Bedeutendes im Innern angehören mag und was sollte nicht noch alles davon zu rühmen seyn. Laßen Sie mich nur noch folgendes herausheben: indem Sie die Sprache als Hülfsmittel gar trefflich anpreisen laßen geben Sie uns zugleich ferner zu bedenken daß die Sprache, wenn sie auf einen gewißen Punct gelangt unveränderlich sey und von ihren anerkannten Mängeln nicht befreyt werden können könne ; demohngeachtet aber in und aus sich selbst alles Menschliche, vom Tiefsten bis zum Höchsten aussprechen ausdrücken, bestimmen und erweitern könne und müße.

Hiedurch haben Sie mir mein Theuerster einen Spiegel vorgehalten, worin ich am Ende meiner Laufbahn erkennen kann was ich als Dichter und Schriftsteller geleistet habe und was ich hätte leisten sollen.

Hier sey geschloßen, damit wir uns nicht in die Fluth wagen die uns zu verschlingen droht. Bleiben Sie meiner aufrichtigsten Anhänglichkeit und erhalten mir zugleich mit Ihrer Frau Gemalin ein stetiges Andenken. Weimar d. 24. Decbr: 1821.