Es hat mir sehr leid gethan, verehrtester Freund, seit meiner
Rückkunft von meiner Badereise keine Gelegenheit gefunden zu haben, mich Ihnen
mündlich oder schriftlich zu nähern. Sie wissen aber sicherlich, daß meine
Gesinnungen der Dankbarkeit und Anhänglichkeit darum immer die nehmlichen
bleiben. Ich habe nur sehr fleißig gearbeitet, und bin darum gar nicht in die
Stadt gekommen. Ich benutze aber heute
eine sich mir darbietende Veranlassung, Ihnen eine Kleinigkeit
von mir zur gütigen Beurtheilung vorzulegen. Ich füge diesen Zeilen
eine französische Abhandlung bei, welche die
Veranlassung zu dem Aufsatz, von dem ich eben rede, gewesen ist. Der Verfasser hatte mir dieselbe geschickt und
mich gebeten, ihm meine Meinung über den behandelten Gegenstand mitzutheilen.
Die Antwort, welche ich ihm hierauf zuschicken will, wird Ew. Wohlgeboren durch
Herrn Buschmann
übermacht werden, den ich gebeten habe, eine
Abschrift davon zu machen. Der Gegenstand ist allerdings kleinlich und sogar
mißlich zu behandeln, da man dabei in Vermuthungen herumirren muß. Er ist
dennoch aber nicht uninteressant, da er die Anfänge der Schrift und eine ganze
wichtige Classe von Alphabeten betrifft. Sie werden darin auch eines
Sanskritischen Schriftzeichens erwähnt finden, welches bei
Carey
und
Forster
vorkommt, mir aber unbekannt war und
dessen eigentliche Bedeutung mir auch noch nicht klar ist. Es soll zwar ein a sein, allein ich begreife nicht recht, welcher Laut
aus seiner Verbindung mit anderen Consonanten hervorkommt. Es würde mich sehr
freuen, hierüber durch Sie einige Auskunft zu erhalten. Aber auch über die
Ausführung des ganzen Gegenstandes wird mir Ihr Urtheil sehr wichtig sein.
Sobald Ew. Wohlgeboren meine Antwort empfangen und gelesen haben werden, darf
ich Sie wohl um die Rücksendung mit der anliegenden Abhandlung ergebenst ersuchen. Ich denke Sie mir mit Ihrer vergleichenden Grammatik beschäftigt, und werde mich
sehr freuen, bald etwas näheres davon zu hören.
Können Sie mir nichts genaueres über den
Prüfer sagen, der Ihnen die
Meta-Grammatik zugeeignet hat. Er hat mir schlechterdings
eine Beurtheilung seiner Schrift abdringen wollen.
Darauf habe ich mich nun zwar nicht eingelassen, allein ihm doch nicht verhelt,
daß ein solcher Weg bloß a priori mir zu historischen
Sprach-Untersuchungen nicht geeignet scheine.Vgl. den [Brief Prüfers an Humboldt](54) vom
24. Oktober 1831. [FZ]
Empfangen Ew. Wohlgeboren die Versicherung meiner ausgezeichneten und
freundschaftlichsten Hochachtung.
Humboldt
Tegel den 21.t November
1831.