Ew. Excellenz
haben schon so oft meine Nachlässigkeit im Beantworten Ihrer gütigen Briefe und
in dem Besorgen Ihrer Aufträge nachsichtsvoll entschuldigt, daß ich auch in dem
gegenwärtigen Falle auf Ihre Verzeihung rechnen zu dürfen hoffe. Ein
Augen-Uebel, und der dringende Rath meines vielleicht allzuängstlichen Arztes,
nöthigte mich mehrere Monate lang mein Lesen und Schreiben auf das
Unvermeidliche zu beschränken: dieß war die Veranlassung weshalb ich die
Collation des Verzeichnisses der Malayischen Handschriften von einer Woche zur
andern verschob, und dieselbe endlich erst kurz vor meiner Abreise von
London, wo ich von andern Arbeiten frei
war, vornahm. In diesem Augenblicke habe ich nun zwar die Aussicht, bald selbst
nach Berlin zu kommen, indem ich auf den
Wunsch meines Vaters einen jüngeren eben zur Universität abgehenden Bruder
dorthin begleiten werde; da jedoch die Einrichtung und die Dauer der Reise nicht
ganz von mir selbst abhängt, ziehe ich es vor, die mit den Berichtigungen
versehene Abschrift des Verzeichnisses der Handschriften noch von
hier aus unmittelbar an Ew. Excellenz abzusenden.
Wegen der von Ihnen gewünschten Bibel-Uebersetzungen habe ich sowohl in dem Hause
der Bibel-Gesellschaft als auch bei der Missions-Anstalt in Austin
Friars’ erkundigt: man versicherte mich aber, daß bis jetzt keine
Exemplare der bezeichneten Uebersetzungen nach England eingeschickt worden
wären. Nach
Raffles
’ Malayan Researches
Dies ist wohl ein Schreibfehler Rosens, da
Humboldt nach den
Malayan
Miscellanies
gefragt hat. [FZ] habe ich bei
mehreren Buchhändlern Nachfrage gethan; es ist mir aber bis jetzt nicht gelungen
dieses Werkes auch nur ansichtig zu werden. Dasselbe ist, wie man mich
versichert, überaus selten. Ich habe vor meiner Abreise noch dem Buchhändler
John Cochran
, dessen
Gefälligkeit ich schon mehrmals zu erproben Gelegenheit fand, den Auftrag
hinterlassen, bei etwanigen Auctionen von Büchern auf das Werk zu achten, und
dasselbe wenn es irgend möglich ist aufzutreiben.
Einem früheren Auftrage gemäß, habe ich von der kürzlich in London angelangten neuen Ausgabe von Wilson’s Sanskrit
Wörterbuch ein Exemplar für Hrn. Professor
von Bohlen gekauft, und mir die Auslage dafür (3 Pf. 18 Shill.,
wenn ich nicht irre) von Herrn von Bülow
wieder erstatten lassen. Gewiß sind jetzt auch längst die von dem Herausgeber zu
Geschenken bestimmten Exemplare nach Berlin
gelangt. Das Werk hat sichtlich an Reichthum, sowohl durch neue
einzelnen Artikeln
einzelne
Artikel
, als durch neue Bedeutungen der schon früher
aufgeführten Wörter, aber leider nicht an kritischer Genauigkeit
und zweckmäßiger Anordnung der Bedeutungen gewonnen.
Mit inniger Freude habe ich bereits durch einen Reisenden, Herrn D.r Buch aus
Frankfurt, erfahren, daß auch
dieß Mal das Seebad zu Norderney seine
stärkende Kraft bei Ihnen bewährt hat. Möchte ich, wenn ich mich nun wieder wie
früherhin persönlich bei Ihnen einstellen darf, so glücklich seyn, Sie in dem
Besitz aller der Heiterkeit und Kraft anzutreffen, ohne deren Genuß auch die
geliebtesten und belebendsten Studien an Reiz verlieren müssen. Ich selbst würde
bei dem Rückblick auf das Wenige, was ich bis jetzt in London erarbeitet habe, nicht ohne Beschämung vor Ew. Excellenz
erscheinen können, wenn ich nicht mit größerer Zuversicht auf freiere
wissenschaftliche Thätigkeit in den nächsten Jahren rechnen dürfte.
Mit aufrichtiger Ehrerbietung empfehle ich mich der Fortdauer Ihres
gütigen Wohlwollens
Ew. Excellenz
gehorsamster
F.
Rosen.
Detmold, den 6ten
October. 1833.