Ew. Hochwohlgeboren haben mir durch Ihren ausführlichen und lehrreichen Brief vom t Julius
Ich danke Ihnen vor Allem für Ihre Beantwortung meiner Fragen über das Sanscrit. Ich habe den ganzen Sommer nichts Anderes
getrieben, und daher wenigstens mehr Fortschritte gemacht, als im vergangenen
Winter. Es schien mir nöthig, einmal eine große Zeit dem Studium zu widmen, um
mich wenigstens in den Anfangsgründen fester zu setzen. Specimen
Wilkins
Calcutter
Wilson
Devanagari Alphabets ist wirklich ein rechter Trost bei den mancherlei
Mühseligkeiten des Sanscritstudiums. Einige
orthographische Punkte scheinen mir erheblicher. So zB. denke ich, werden Sie,
so wie Wilkins
anusvārah
Wilson
anusvārah
In solchen Dingen, wo verschiedene Herausgeber verschiedene Methoden befolgen,
ist eigne vernünftige Wahl nothwendig. Wo aber die angenommene Methode constant ist, da halte ich es auch für besser, ihr zu
folgen, wie sonderbar, und für den Anfänger verwirrend sie auch seyn mag. So in
der wunderbaren Stellung des Mittel-r, zB i, in der
Unterbrechung der oberen Linie in der Mitte des Worts, wenn ein visarga
r) in dasselbe tritt, zB. Composita aus Consonanten endigt, der gar nicht verändert wird, ein mit einem Vocal anfangendes folgt. Ob man Wortabtheilungspunkte in
gedruckten Büchern, ausgenommen in Elementarwerken, machen sollte? darüber bin
ich auch sehr zweifelhaft. Bopp
Nalus
Sanskrit. Ich lese jetzt, und ohne Hülfe einer Uebersetzung, den
Hitopadesa
Bopp
Ich stimme ganz mit Ihnen darin überein, daß sowohl der Nominativus sing. als die 1. p. s. pr. in
mehreren Sprachen Beugungsbuchstaben haben, und vielleicht in allen haben
sollten, und daß daher die Sanscritsprache mit ihren
Wurzeln von dieser Seite so abweichend nicht ist. Eigenthümlich aber ist ihr
immer, daß diese Erscheinung in ihr so constant ist,
wie, meines Wissens, keine andre Sprache sie zeigt, und daß auch die reinen
Wurzeln doch die vollständige Form von Wörtern haben. Wo die grammatische
Ausbildung nicht nothwendig durch den Sinn gefordert wird, wie dies zB. beim Nominat. sing. der Fall ist, für den es hinlängliches
Unterscheidungszeichen wäre, daß er keinen Flexionsbuchstaben hätte, und der,
wenn man die Flexion meistentheils aus Agglutination erklärt, nicht wir
Casus, eine Nom. des pron.
demonstr. oder den Artikel (wie denn das Sanscrit auf den Nominativus sehr oft noch
t u 2t decl. ganz dem geformten, die 3t nur zum Theil an. Im Sanscrit ist der ungeformte, wie es mir scheint, ganz neben dem
geformten in der
Neutra übergegangen. Im Sanskrit steht der sogenannte crude state im
genauesten Zusammenhange mit dem grammatischen System der Zusammensetzung, und
dies mag auch ein Grund seyn, daß jener crude state sich
so vollständig erhalten hat. Im Griechischen ist es allerdings auch der Fall,
daß die composita nur die Wurzel des Worts aufnehmen,
wie Sanskrit
Zusammensetzungen geblieben. Diese sind oft nur am crude
state der Väter
Ich erwähnte erst der Flexion und Agglutination. Ich gestehe i im Griechischen und Lateinischen, m im
Deutschen, Sanskrit) ferner der
Conjunctiv und Optativ, die
etwas noch Ungewisses andeuten, im Griechischen und Deutschen meist dunkle,
schwebende Diphthongen. An Flexion dagegen in dem Sinne, daß man grammatischen
Verhältnissen willkührlich unterscheidende Zeichen gegeben habe, glaube ich
nicht. In
Lumsden’s
Die sichtbare Ableitung so vieler Wörter aus ganz einfachen Wurzeln, worin die
meisten Substantiva als Anwendungen von Adjectiven auf bestimmte Fälle erscheinen, macht das
Studium des Sanskrit unendlich interessant und wichtig.
Was in andern Sprachen schon größtentheils verdunkelt ist, ist hier noch
sichtbar. Wenn man aber annehmen muß, daß die Nation, solange das Sanskrit noch eine lebende Sprache war, diesen
Zusammenhang fühlte, und die Substantiva sehr häufig nur
als Epitheta perpetua behandelte, so ist die Frage, ob
dies dem Gebrauch der Sprache zur Ideenentwicklung heilsam war. Es bereichert
und belebt zwar von der einen Seite, aber kann auch verwirren. Denn das Denken
ist bestimmter, wenn das Wort, ohne Nebenbegriff, nur als Zeichen der Sache
erscheint.
Ueber die tempora bin ich sehr begierig auf Ew.
Hochwohlgeboren Entwicklung und Bestimmung. Wilkins
p.
649. daß die 3. praet. und 2. fut.Bopp
ihrem
Imperfectum perfectum und Aorist
zu finden. Ich vermuthe, daß Ihnen das 1t praet. der Aorist ist. So
wenigstens steht es im Anfang des Nalus
Imperfectum und das 3. das
Perfectum, oder umgekehrt ist. Allein selbst Aoristbedeutung hat, ist mir sehr zweifelhaft, wenn ich auf die Stellen
Acht gebe, wo bald dies, bald das zweite gebraucht wird. So kommen beide hinter
einander im Nalus
p. 166. sl. 6. 7. und zwar von demselben Verbum vor, wo der Sinn nur
Aoristus
Aoristen
praet. dem Sinn nach, für ein Imperfectum, oder das erste für ein Perfectum
auszugeben. Zwischen den ewig vorkommenden Aorists ist. Von praet. allein doch ein erstes von
Verba giebt, bei denen mehr das erste,
und andre, bei denen mehr das 2.t Praet. im Gebrauch ist. Wenn ich ganze Stellen, wo die Praeterita wechseln, vergleiche, finde ich mich auch
nicht heraus. ZB. mag die Rede der Damayantia im 21. B.
des Nalus
Verba sl. 16. Imperfecta seyn zu
können, weil die Handlungen des Wehklagens, des Besteigens des Wagens und des
Sehens einander begleiten, und noch fortwährende, unvollendete scheinen. Liest
man aber weiter, wird man wieder irre. Denn sl. 20. steht nicht in solcher
Verbindung, sondern ist, dem Sinne nach, ein Aorist. In
sl. 23. hat Praet. den Sinn des Imperfectum,
er wußte es noch fortwährend nicht, dagegen steht sl.
26. dasselbe tempus wieder als Aorist. Hierin gestehe ich, sehe ich noch wenig klar. Bei den fut. unterscheiden Sie, wie ich sehe, ein remotum und proximum, wie auch
Wilkins
Aorist und der währenden Handlung an, und die futura der vollendeten, und künftigen werden vermuthlich
nur durch Zusammensetzungen angedeutet. Ich habe bemerkt, daß die sogenannten
wilden Sprachen sehr genaue Unterschiede der tempora
haben. In der Mexicanischen Sprache findet man sehr
bestimmt bald einfache, bald zusammengesetzte Formen für alle 12 tempora des Indicativus.
Die mehreren Imperative des Griechischen scheinen Ihnen ein Luxus zu seyn. Dies
möchte ich nicht zugeben. Zwar stimme ich Ew. Wohlgeboren
tempora geben kann, allein mehr, wie Einen, müßte eigentlich jede
vollständig organisirte Sprache haben. In den Grammatiken, auch den so genannten
allgemeinen, finde ich allerdings darüber nichts. Allein der Natur der Sache
nach, ist ein Imperativus weder von der vergangenen Zeit (für die das Befehlen
nicht mehr
tempora
Tempora
tempora g der gegenwärtigen Zeit giebt. Dies nun sind vier, und es giebt
mithin Imperative der gegenwärtigen Zeit 1, der währenden Handlung, die man
gewöhnlich Imp. praes. nennt, facturus es
ama
amato
praes. Allein in den gewöhnlichen
Grammatiken heißt amato
Imperat.
fut. Hiergegen spricht schon die Etymologie. Indeß können doch
schwerlich ama
amato
Terenz Eun.
ubi nos laverimus, si voles, lavato
lava
facito
cape
Imper. fut.
scheint mir die zu seyn, daß er mehr Gewicht auf das Müssen, oder Mögen, als auf
die unmittelbar zu vollstreckende Handlung legt, und daher auch von allem
gebraucht wird, was eine ganze Dauer hindurch beobachtet werden soll. Daher ist
er die gewöhnliche Gesetzessprache im Lateinischen, (wo die Griechen aber den
Imper. praes. brauchen) und drückt auch das Mögen
aus, wie bei Cicero
sexcentas mihi scribito dicas, nihil do
Imper. Praes. eine dritte Person hat. Denn im wahren Imperativ ist, wie auch Bernhardi
Umweg
Terenz
Imper. fut. gegeben haben. Er folgt dort
auf ein Fut. und es geht Perfectum vorher. Ich würde ihn aber einen Imper. Praes. nennen, der aber meistentheils in
Bedeutung eines Aorists, nemlich eines Aorists der Gegenwart, gebraucht wird.
Daß die Nüance dem lateinischen Ausdruck eine Schönheit mehr giebt, die wir,
ohne schleppend zu werden, nicht nachahmen können, ist gewiß. Im Griechischen
sind bestimmt drei einfache Imperat., des Praesens, des Perfect, des Aorists. Ob es von einigen Verben noch einen des Fut. giebt, discutirt Buttmann
p. 418–420. Der
Bedeutung nach, können nun, meiner Meinung nach, diese alle vorkommen. Allein
die Schwierigkeit ist, daß der Aorist, welcher einen
A
Imperativ
Imperat. viel weniger denkbar ist, als die zukünftige.
Ist ein künftiger Imperativ auch nicht nothwendig, so ist er doch möglich, und
die wirklichen Sprachen können vieles haben, was allgemeinen Begriffen nach,
nicht gerade erfordert wird. So könnte eine Sprache einen Imperat. Praes. haben für die gleich auszuführenden Befehle, und einen
Fut. für die Fälle, wo, wie in jener Stelle des
Terenz
Lavato
Imper.
fut. (wenn es einen solchen gäbe) würde doch in jener Stelle nicht
durch lavaturus es
fut. prox. und rem. kennt die allgemeine Grammatik nicht in der aus reinen und
nothwendigen Begriffen fließenden Eintheilung der tempora. Dennoch giebt es beide in mehreren Sprachen. Aber für die
Vergangenheit ist ein Imperat. mir nicht denkbar. Soviel ich aus den Beispielen
sehen kann, wird der Imperat. Aoristi im Griechischen
sehr oft wirklich mit dem Imperat. Praes. als ganz
gleichbedeutend gebraucht. So die epischen Imperative Imperat. Aoristi und dem des
Praes. Jener hat nemlich wirklich die Bedeutung des
Aorists, daß bei ihm auf keinen Punkt des Zeitraums
gesehen wird, welchen die Handlung einnimmt, sondern nur darauf, daß sie
geschehen muß, und vorzüglich dann, daß sie dauernd, fortwährend geschehen soll.
Am offenbarsten ist dieser Sinn in der eigenen Art, den Imperativ auf abhängige
Weise zu stellen, wie Imper. Praes. nicht statt finden, der immer das
wirkliche Thun zum Augenmerk hat, wogegen in dieser Redensart nur auf das Müssen
überhaupt, nicht auf den Zeitpunkt der Vollstreckung gesehen wird. Den Imperat. Perf. will Buttmann
Person und nur in dem einzigen Euripides
es
Praesens hat,
und offenbar auch Praes. einer eignen Form
Perfect. Doch kann dies bloß daher kommen, daß sich in
den uns gebliebenen Schriftstellern nicht der an sich seltnere Fall findet, der
diesen Sinn mit sich bringt.
Ich habe dies mehr ausgeführt, um die Sprachen zu rechtfertigen, die mehrere
Imperative haben, als um das Sanscrit wegen seines
einfachen zu tadeln. Denn wenn es gleich hier einige tempora zu wenig hat, so sind dieselben auch in der That entbehrlich.
Auf der andren Seite aber hat es gerade im Imperativ einen Luxus, wie Sie es
nennen, der mir minder verzeihlich scheint, nemlich eine 1. Pers. des
Singularis. Diese gehört wirklich zu den Unmöglichkeiten, uns
eamus
Sanskrit
Manuscripte der Propaganda
Niebuhr
Ich danke Ew. Hochwohlgeboren ausnehmend für Ihre Bemerkungen über das Vaskische,
die sehr vielen Werth für mich gehabt haben. Es war in
1., Das Vaskische ist wirklich eine eigne Sprache, und zwar eine ältere als die
Griechische und Lateinische in der uns bekannten Form. Sollte dies bloß aus den
Wörtern bewiesen werden, so würde ich
2. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß es im Vaskischen Griechische, Lateinische, Deutsche und vermuthlich noch Wörter andrer Sprachen giebt. Ist man aber einmal überzeugt, daß die Sprache keine bloße Mengsprache, wie etwa das Romanische und Wallachische ist, sondern eine eigenthümliche, so kann die Frage nur die seyn, ob alle Wörter solcher Art nur in die Sprache als fremde aufgenommen worden sind, oder ob einige, und mehrere wirklich ursprünglich beiden Sprachen angehört haben, und daher eine Verwandtschaft beider beweisen.
Der erste Fall findet offenbar bei mehreren dieser Wörter Statt. Zamaria
Saumarius
tala
Talori
Talamina
Talabriga
(m.
Schrift)
talare
men
mon
mons
mons
mendia
mendia
mons Mons
movere
Emporstreben erinnern, so legen Sie das
Charakterisirende erst in movere
damals
mons
a manendo
o ist darin kein bedeutendes Hinderniß, da von campoan
campus
draußen, und daß fremde Wörter weniger einheimische Suffixa erhalten.
Die von Ihnen angeführten Beispiele sind aus Töchtersprachen hergenommen, in
diesen sind sie natürlich häufig. Allein da verändert sich auch der Begriff des
Fremden gänzlich, und eine Lateinische Tochtersprache kann man doch die
Vaskische auf keinen Fall nennen. Bei murus
murua
pile. Mir scheint der letztere natürlicher auf Mauer zu leiten, allein
bestehen möchte ich nicht darauf. Ist ein Wort nicht bloß in einer landa
Landes
Land, im Vaskischen wohl Gothischen Ursprungs seyn könne. Aber von erria
cillarra
Ciloa
zuloa
Loch, Grube, arra ist die gewöhnliche Adjectivendung, also das, was
aus der Grube kommt, der allgemeine Begriff der Metalle auf ein einzelnes
angewandt. Ciloa
zuloa
Sulcus
urrea
aurum
Oritu
oria
gorra
burnia
burdina
beruna
urraida
menasta
Nach Anführung dieser einzelnen Beispiele gestehe ich Ew. Hochwohlgeboren daß ich
über diese ganze Materie der Verwandtschaft der WestEuropäischen Sprachen noch
keine bestimmte Meinung definitiv gefaßt habe. Meine Ueberzeugung ist vielmehr,
daß man noch gar nicht einmal die Data darüber urtheilen
zu können, besitzt. Wer aber etwas wahrhaft Erschöpfendes darüber unternehmen
will, muß nachdem er sich sichre Grundsätze gebildet hat, außer dem Deutschen,
Griechischen und Lateinischen Sprachstamm die Celtischen Sprachen und das
Vaskische, und beide letztere bis auf einen gewissen Grad gründlich kennen, und
dann nach einander jede dieser Sprachen durcharbeiten. Bis jetzt giebt es noch
keine einzige wahrhaft genügende etymologische Bearbeitung nur Einer Sprache.
Alles geht auf einzelne Beispiele hinaus, und ist auch da höchst unbestimmt,
weil selten einer nur alle diejenigen Sprachen hinlänglich kennt, die wirklich
zusammengehören. Wenn ich etymologischer Bearbeitungen erwähne, so meine ich
solche, wie Sie in Ihrem Briefe vom Spanischen anführen, daß man prüfte, wieviel
Vas-Sanskrit
Wurzeln und Wörtern im Griechischen, Lateinischen (vorzüglich, wie Sie sehr
richtig sagen, auch von unmittelbar empfangenen) und Deutschen leidet keinen
Zweifel. Jetzt wäre vor Allem zu untersuchen, ob die Celtischen Sprachen und das
Vaskische auch gleich viele Sanskritwurzeln enthalten, oder nicht, und ob also
vielleicht zB. das Lateinische zwei verschiedene Stämme, den Sanskritischen und
den WestEuropäischen in sich vereinigt. Ich kenne bis jetzt kaum zwei bis drei
Sankritwörter im Vaskischen. Aber ich tauge zu solcher Arbeit nicht sonderlich,
auch wenn ich mehr Sanskrit wissen werde. Selbst nicht abzuläugnende
Aehnlichkeiten entgehen mir zu leicht.
Die origines Italiennes sollten Ew. Hochwohlgeboren nicht
aus den Augen lassen. Es ist das wichtigste, und auch am schwierigsten zu
behandelnde Land. Aber ich stimme Ihnen ganz bei, daß die Theilung des
Griechischen vom Lateinischen eine alte, vermuthlich in Asien geschehene ist.
Nichts ist so unrichtig, als die gewöhnliche Vorstellung mehrerer Philologen,
die ich lange getheilt habe, daß das Lateinische gleichsam ein Dialect des
Griechischen sey.
Ihre Einladung Ihnen etwas für