Ich danke Ihnen herzlich, liebster Freund, für Ihren gütigen Brief
vom 10. v. M. Die reichliche Liste von
Unterzeichnern für den Kunstverein ist uns ungemein
erfreulich gewesen. [Es folgen zwei Seiten Bericht über den Kunstverein und über
den "Tadel des Kunstpilgerns nach Rom" durch Niebuhr sowie die neueste Aufgabe
des Künstlerausschusses für Rom.]
[…] Meine Abhandlung über die
Buchstabenschrift, die
Schultz
im Asiat. Journal
erwähnt hat, werden Sie, wenn nicht
mit diesem Briefe, doch in wenigen Tagen nachher erhalten. Ich werde sie sous bande abgehen lassen, u. so frei seyn, ein Exemplar
für
Niebuhr
b u.
Schwenck
beizulegen. Ich halte die Sache
für wichtig u. wahr, u. bin auch Ihrer Meinung, daß Alphabete, ohne Hieroglyphen u. Chines. Figuren, erfunden worden sind.
Ueber das Aegyptische habe ich in dieser Abhandlung
fast ganz geschwiegen. Man muß erst abwarten, daß sich die streitenden Parteien
mehr aussprechen. – Dagegen habe ich mich diesen Winter ernstlich mit dem
Chinesischen beschäftigt, was für das grammatische Studium ganz unentbehrlich
ist. Es ist eine wahrhaft wunderbare Sprache, die man nicht überschätzen muß,
aber nicht verachten kann, vielmehr von Einer Seite sehr hoch achten muß. Die
äußren Schwierigkeiten scheinen groß, sind aber bis zu dem Zweck um schon sehr
wichtige Briefe Bücher lesen zu können, in weniger als 14 Tagen
überwunden. Ich habe darüber geschrieben, will es aber erst
Remusat
mittheilen, weil meine Kenntniß
doch etwas jung ist. – Ueber das Japanesische werden Sie
eine Kleinigkeit von mir aber in Kurzem im Journ.
asiat. finden.Die
angekündigte "Kleinigkeit" erschien nicht im
Journal Asiatique
, sondern unter dem Titel
"Notice d’une grammaire Japonoise imprimée à Mexico" im
Supplément à la grammaire japonaise du P.
Rodriguez
. – Die Abhandlung
über die Bhagavad-Gita
werde ich erst im
Sommer drucken lassen. Ueber den
Manus
habe ich nur erst die Materialien gesammelt. Ich erwarte die
neue nun erschienene Ausgabe. – Bei allen diesen Sprachstudien komme
ich immer darauf zurück, u. hoffe Gelegenheit zu finden, es einmal recht
ordentlich zu sagen, daß die Griechische Sprache u. das Griechische Alterthum
das Vorzüglichste bleiben, was je der menschliche Geist hervorgebracht hat. Was
man vom Sanskrit rühmen mag, mit das
Griechische erreicht es nicht, auch ganz einfach, als Sprache, nicht. Das wird
immer mein Glaubensbekenntniß seyn, u.
Schlegel
weiß zu viel Griechisch, um das
nicht auch zu finden, er müßte denn sagen, daß ich zu wenig Sanskrit wüßte. Dagegen würde ich wenig streiten, allein gerade das
Grammatische habe ich genau im Sanskrit studirt, u.
darin möchte ich es ziemlich mit jedem aufnehmen. Ich verfolge jetzt in allen
Sprachen, was keiner allein angehört, u. darum muß ich mich verbreiten, aber ich
denke mich doch wieder auch einmal bloßHaym
1859, S. 134 schreibt „… doch einmal wieder bloß …“ statt „… doch wieder
auch einmal bloß …“. im Griechischen zu vertiefen, u. einer alten
Idee nachzugehen, daß alle wahrhafte Geistesbildung aus den Eigenthümlichkeiten
des Attischen Dialects
hervorgeht. Lassen Sie es Sich also nicht leid seyn, vorzugsweise im
Griechischen zu leben u. weben. Ihren Theognis
habe ich noch nicht lesen können, doch schon
gesehen, daß mir die Prolegg. allein schon eine große
Freude versprechen. –
Schlegel
hat mir zwar nicht geschrieben,
sondern mir sous bande seine Lat. Sachen geschickt, aber
sagen Sie ihm ja nichts. Ich bin ihm keinen Augenblick böse darum. Sein
GedichtHierzu erläutert Leitzmann 1908,
S. 285f.: Zur Feier der Dampferfahrt Friedrich Wilhelms
III. auf dem Rhein bei Bonn
am 14. September 1825 hatte Schlegel ein
deutsches und ein lateinisches Gedicht in Distichen verfaßt und bald darauf
drucken lassen: "Die Huldigung des Rheins" und "Fausta
navigatio regis Friderici Guilelmi III., cum universo populo acclamante
navi vaporibus acta Bonnam praeterveheretur". ist in jeder
Art gelungen. Aber der Brief an
Blumenbach
Hierzu erläutert Leitzmann 1908, S. 286: Im Namen der Univeristät Bonn hatte Schlegel zum silbernen
Professorjubiläum des berühmten Naturforschers Blumenbach am 19. September
1825 eine epistula gratulatoria verfaßt. –
"Viro clarissimo, Ioanni Friderico Blumenbach,
Medicinae Doctori, In Academia Georgia Augusta Gottingensi Professore
Medicinae Primario ... S. P. D. Rector et Senatus Academiae Borussicae
Rhenanae", Bonn: Universität 1825. hat das Schlimme, daß er
sich durch die Sprache hat zu einer gewissen Ideenleere hinreißen lassen. Ist es
denn nicht anziehender u. warDas Wort fehlt
bei Haym 1859, S. 135. es hier nicht sehr möglich, die Sprache mit
Ideen ringen zu sehen, die ihr nicht immer geboten werden? – Die
Hamaker
sche
Rec.
werde ich aufsuchen.
Klaproths Sprachideen gehören
nicht zu den erleuchtetsten. Doch liegt in der
Asia polygl.
viel Brauchbares, u. wichtiger
scheinen mir noch seine tableaux de l’hist.
de l’Asie
. – Meine Frau u.
Caroline
grüßen Sie herzlich. Die erstere
ist gar nicht wohl diesen Winter. Sie leidet recht viel an gichtischen Uebeln.
Ich selbst bin an KatarHaym 1859, S. 135
schreibt „in Berlin“. Dies ist aber eindeutig falsch. seit einigen
Wochen unpäßlich. Doch geht das über.
Leben Sie herzlich wohl, liebster Freund. Mit der hochachtungsvollsten
Freundschaft der Ihrige
H.
Schultz
, den Sie also kennen, hat vom
Französischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten Auftrag erhalten, auf
dessen Kosten 4 Jahre lang im Orient zu reisen, um
Manuscripte des Zend u.
Pehlwi für die
Pariser Bibliothek zu sammeln. Es läßt sich viel davon erwarten, u.
Schultz
scheint mir ganz gemacht
dazu.
Schulz wurde Ende 1829 auf seiner
Reise durch Kurdistan ermordet. Nur, glaube ich, sollte er sich
mit
Rask
besprechen, der in dieser
Gattung viel gesammelt hat.